Spekulation um Rote Flora
Hamburger Senat will autonomes Zentrum zurückkaufen. Demonstration für Sonnabend geplant
Von Florian Osuch
In Hamburg steht erneut eine juristische Auseinandersetzung um die besetzte Rote Flora an. Nachdem der SPD-Senat am Dienstag verkündet hatte, das soziokulturelle Zentrum zurückkaufen zu wollen, bezeichnete der Eigentümer das Angebot der Stadt als Versuch der Nötigung. Immobilienhändler Klausmartin Kretschmer werde auf derlei »Erpressungsversuche nicht eingehen«, erklärte dessen Sprecher.
Am Dienstag hatte Finanzsenator Peter Tschentscher (SPD) für viele überraschend angekündigt, Grundstück und Gebäude für insgesamt 1,1 Millionen Euro zurückkaufen zu wollen. Man strebe eine schnelle Entscheidung an und habe dem Eigentümer ein Ultimatum gestellt. Sollte Kretschmer auf das Angebot nicht eingehen, werde die Stadt ihr Rückkaufsrecht geltend machen – zur Not auch vor Gericht. Dann würde der Eigentümer nur 190000 Euro bekommen, zu diesem Preis hatte er die Liegenschaft im März 2001 erworben.
Die Hamburger Linksfraktion begrüßte den Vorstoß des Senats. Heike Sudmann, stadtentwicklungspolitische Sprecherin, sagte junge Welt: »Vor Jahren wollte sich der damalige rot-grüne Senat aus der Affäre ziehen und das ›Problem Rote Flora‹ privatisieren. Dies nun rückgängig zu machen ist ein wichtiger Schritt weg von Investorenträumen und hin zu einer Stadt, in der Raum ist für selbstverwaltete Orte von Kultur und auch Widerstand.«
Gestern äußerten sich Besetzer und Unterstützer des international bekannten Zentrums. Ihnen sei egal, wem die Flora gehöre. Das Zentrum habe schon diverse Innensenatoren kommen und gehen sehen. Klaus Waltke von der Flora-Pressegruppe sagte junge Welt, man stehe »grundsätzlich in Opposition gegenüber dieser Rechtsordnung«. »Von uns aus braucht überhaupt niemand für die Flora im Grundbuch zu stehen.« Etwaige Verhandlungen mit der Stadt lehnt Waltke ab: »Wir streben keine Legalisierung an«.
Ähnlich hatte sich vor kurzem der Flora-Aktivist Andreas Blechschmidt gegenüber junge Welt geäußert. Man könne das Zentrum »auf zwei Arten räumen: gewalttätig mit der Polizei oder durch Verhandlungen mit Politikern. Verträge mit ihren Sachzwängen wären dann eine Entpolitisierung der Roten Flora und daher eine Räumung auf die leise und sanfte Weise«, sagte er.
Auf einer Pressekonferenz am Donnerstag erneuerte der Rechtsanwalt Andreas Beuth seine Kritik an der Hamburger Polizei. Den Angriff auf die Davidwache am 28. Dezember, der als Begründung für die Einrichtung eines »Gefahrengebietes« heranzogen wurde, habe es nicht gegeben. Für Sonnabend ist daher erneut eine Demonstration in Hamburg geplant. Seit Einrichtung eines »Gefahrengebietes« in den Bezirken Altona, Sternschanze und St. Pauli am 3. Januar gab es täglich Proteste. Am Montag erklärte die Polizei die Maßnahme schließlich für beendet und löste die Sonderzone, die zuletzt auf drei »Gefahreninseln« verkleinert worden war, auf.
jw
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