Elend ohne Ende
Von Hansgeorg Hermann
Die zu Beginn des Monats von der griechischen Regierung unter dem rechtskonservativen Ministerpräisdenten Antonis Samaras vollzogene Schließung von rund 350 sogenannten Polikliniken stürzt die breite, in wachsendem Maße von Arbeitslosigkeit betroffene Bevölkerung in neues Elend. Die Polikliniken sind vom staatlichen Träger »EOPYY« (Nationale Organisation für Gesundheitsdienste) betriebene ambulante Stationen, in denen bisher die primäre ärztliche Versorgung sichergestellt wurde. Sie waren als gesonderte Abteilungen in staatlichen Krankenhäusern untergebracht oder funktionierten im Rahmen ärztlicher Gemeinschaftspraxen.
Die Schließung dieser Einrichtungen betrifft nach den Patienten auch das Personal. Die Angaben über die Zahl der »eingesparten« Angestellten schwanken. Gewerkschaftsfunktionäre sprechen von rund 5500 Ärzten sowie 3000 Pflegern und Krankenschwestern. Diese Beschäftigten hatte zum Teil zwei Arbeitsstellen – in den erwähnten Polikliniken und in privaten Arztpraxen. Wie das zuständige Ministerium wissen ließ, habe man die Angestellten vor die Entscheidung gestellt, sich für eines von beiden zu entscheiden. Sprecher der Berufsverbände erkennen hinter diesen Maßnahmen die klare Absicht der Troika, das Gesundheitswesen des Landes vollends privatisieren zu lassen.
Nach Regierungsangaben soll die Schließung der Polikliniken befristet sein, die Stationen würden nach Monatsfrist, also im Mai, wieder geöffnet. Kenner griechischer Regierungspolitik bezweifeln diese Aussage. Sicher ist, daß nach Schließung der Stationen nun die bereits völlig überforderten und nahezu mittellosen Krankenhäuser des Landes die Last zusätzlich schultern müssen. Von den ursprünglich 183 öffentlichen Krankenhäusern Griechenlands wurden seit Beginn der sogenannten Krise schon 100 geschlossen. Die Budgets der übriggebliebenen, am Rande des finanziellen und personellen Kollaps arbeitenden Kliniken sind seither um mehr als ein Viertel gekürzt worden.
Problematisch ist für die medizinischen Einrichtungen vor allem die Beschaffung von Medikamenten und Ausrüstung wie Spritzen, Verbandzeug oder Infusionsschläuchen. Pharmakonzerne in der Schweiz und in Ländern der EU haben sich in den vergangenen Jahren immer wieder geweigert, Griechenland zu beliefern. Die dortigen Krankenhäuser könnten ihre Rechungen nicht mehr bezahlen.
Wissenschaftler haben in einer Studie für die medizinische Fachzeitschrift Lancet darauf hingewiesen, daß es auch anders geht: Island habe sich während seiner Wirtschaftskrise im Jahr 2008 geweigert, dem »Rat« des IWF zu folgen und mit schweren Einschnitten in den Sozialhaushalt die Gesundheitsversorgung des Landes zu zerstören. Das gilt, unabhängig von den Erkenntnissen der britischen Forscher, auch für Kuba. Der Karibikstaat schloß während seiner schweren Wirtschaftskrise zu Beginn der neunziger Jahre nicht ein einziges Krankenhaus und hilft heute in mehr als 70 Ländern mit medizinischem Personal aus. jw
Von Hansgeorg Hermann
Die zu Beginn des Monats von der griechischen Regierung unter dem rechtskonservativen Ministerpräisdenten Antonis Samaras vollzogene Schließung von rund 350 sogenannten Polikliniken stürzt die breite, in wachsendem Maße von Arbeitslosigkeit betroffene Bevölkerung in neues Elend. Die Polikliniken sind vom staatlichen Träger »EOPYY« (Nationale Organisation für Gesundheitsdienste) betriebene ambulante Stationen, in denen bisher die primäre ärztliche Versorgung sichergestellt wurde. Sie waren als gesonderte Abteilungen in staatlichen Krankenhäusern untergebracht oder funktionierten im Rahmen ärztlicher Gemeinschaftspraxen.
Die Schließung dieser Einrichtungen betrifft nach den Patienten auch das Personal. Die Angaben über die Zahl der »eingesparten« Angestellten schwanken. Gewerkschaftsfunktionäre sprechen von rund 5500 Ärzten sowie 3000 Pflegern und Krankenschwestern. Diese Beschäftigten hatte zum Teil zwei Arbeitsstellen – in den erwähnten Polikliniken und in privaten Arztpraxen. Wie das zuständige Ministerium wissen ließ, habe man die Angestellten vor die Entscheidung gestellt, sich für eines von beiden zu entscheiden. Sprecher der Berufsverbände erkennen hinter diesen Maßnahmen die klare Absicht der Troika, das Gesundheitswesen des Landes vollends privatisieren zu lassen.
Nach Regierungsangaben soll die Schließung der Polikliniken befristet sein, die Stationen würden nach Monatsfrist, also im Mai, wieder geöffnet. Kenner griechischer Regierungspolitik bezweifeln diese Aussage. Sicher ist, daß nach Schließung der Stationen nun die bereits völlig überforderten und nahezu mittellosen Krankenhäuser des Landes die Last zusätzlich schultern müssen. Von den ursprünglich 183 öffentlichen Krankenhäusern Griechenlands wurden seit Beginn der sogenannten Krise schon 100 geschlossen. Die Budgets der übriggebliebenen, am Rande des finanziellen und personellen Kollaps arbeitenden Kliniken sind seither um mehr als ein Viertel gekürzt worden.
Problematisch ist für die medizinischen Einrichtungen vor allem die Beschaffung von Medikamenten und Ausrüstung wie Spritzen, Verbandzeug oder Infusionsschläuchen. Pharmakonzerne in der Schweiz und in Ländern der EU haben sich in den vergangenen Jahren immer wieder geweigert, Griechenland zu beliefern. Die dortigen Krankenhäuser könnten ihre Rechungen nicht mehr bezahlen.
Wissenschaftler haben in einer Studie für die medizinische Fachzeitschrift Lancet darauf hingewiesen, daß es auch anders geht: Island habe sich während seiner Wirtschaftskrise im Jahr 2008 geweigert, dem »Rat« des IWF zu folgen und mit schweren Einschnitten in den Sozialhaushalt die Gesundheitsversorgung des Landes zu zerstören. Das gilt, unabhängig von den Erkenntnissen der britischen Forscher, auch für Kuba. Der Karibikstaat schloß während seiner schweren Wirtschaftskrise zu Beginn der neunziger Jahre nicht ein einziges Krankenhaus und hilft heute in mehr als 70 Ländern mit medizinischem Personal aus. jw