Symposium „Krieg und Frieden“
Symposium der Neuen Gesellschaft für Psycho- logie zum Thema „Krieg und Frieden“ am 7./8. März 2014 an der Freien Universität Berlin
Mit Beiträgen von: Almuth Bruder-Bezzel, Arnd Pollmann, Georg Bruns, Jörg Kronauer, Jürgen Hardt, Jürgen Rose,Klaus-Jürgen Bruder, Michael Schulze von Glaßer,Regina Girod, Uwe Krüger
Und der Arbeitsgruppe Psychoanalyse und Ge- sellschaft mit dem Thema: „Psychologie in Zeiten des Neoliberalismus“
Einladung zur Beteiligung
Trommeln für den Krieg - Symposion der NGfP zum Thema „Krieg und Frieden“ am 7./8. März 2014 an der FU Berlin
Mit einer Minenräumaktion der Bundeswehr im Persischen Golf 1991 haben die Auslands- einsätze der Bundeswehr begonnen – schleichend. Es folgte die Entsendung eines Feldlazaretts nach Pnom Penh 1993, zweifellos gute Taten. Allerdings stimmte bereits am 16. Oktober 1998 der Deutsche Bundestag in einer Sondersitzung mit großer Mehrheit einer Beteiligung der Bundeswehr an möglichen Luftangriffen innerhalb der kriegerischen Intervention der NATO gegen Jugoslawien zu.
Für die Herstellung der bis dahin nicht vorhandenen „Kriegsbereitschaft“ hat der damalige grüne Außenminister Fischer die Indienstnahme von Auschwitz salonfähig gemacht. Gleichwohl dauerte es noch einige Zeit, bis offiziell von Krieg zu sprechen gewagt werden durfte. Die aktuell 13 Auslandseinsätze der Bundeswehr haben bislang98 Soldaten das Leben gekostet. Wie viele Feinde, Gegner oder Unbeteiligte Opfer der Bundeswehr wurden, ist uns nicht bekannt.
Zwar hat sich unsere Regierung bei angefragten Beteiligungen an Militärinterventionen im Irak und Libyen zurückgehalten, politische, finanzielle und militärtechnologische Unterstützung der Interventionen aus Deutschland hat es aber gleichwohl gegeben. Der erste Bundespräsident, der öffentlich äußerte, Deutschland müsse seiner Rolle in der Welt auch mit der Bereitschaft zu militärischen Einsätzen gerecht werden, ist daraufhin zurückgetreten, weil die Verfassung etwas anderes sagt (Art. 26 Abs.
1). Als der jetzige Bundespräsident Gauck das Gleiche mit der Wendung verkündete, es gehe um deutsche „Verantwortung“, hat es bereits keine wahrnehmbare kritische Reaktion mehr gegeben.
Wofür die deutsche Regierung der Bevölkerung „Verantwortung“ zu übernehmen abverlangt, ist offiziell klar festgeschrieben: z.B. in den Verteidigungspolitischen Richtlinien von 2011: „Freie Handelswege und eine gesicherte Rohstoffversorgung sind für die Zukunft Deutschlands und Europas von vitaler Bedeutung. Die Erschließung, Sicherung von und Zugang zu Bodenschätzen, Vertriebswegen und Märkten werden weltweit neu geordnet […] Störungen der Transportwege und der Rohstoff-und Warenströme […] stellen eine Gefährdung für Sicherheit und Wohlstand dar“.
Die Befürworter deutschen militärischen Engagements argumentieren regelmäßig, nach der deutschen Vereinigung gebe es keinen Grund mehr für einen deutschen „Sonderweg“, der noch durch die Prärogative der vier im Kalten Krieg begriffenen Siegermächte des Zweiten Weltkrieges gerechtfertigt gewesen sei. Will sagen, nunmehr müsse der Krieg als „Fortsetzung der Politik unter Einmischung anderer Mittel“ (Clausewitz) wie bei jeder anderen vergleichbaren Nation (wieder) zum normalen Bestandteil des politischen Geschäfts werden.
Wir fragen, ob dem nicht widersprochen werden muss, solange „die Politik die Fortsetzung des Krieges mit anderen Mitteln“ ist (Foucault). Vielleicht gibt es einen deutschen Sonderweg in dem Sinne, dass hierzulande etwas besser verstanden wurde als anderswo, dass nach den Weltkriegen des 20. Jahrhunderts und seinen Totalitarismen Krieg keine mögliche Form politischer Konfliktaustragung mehr sein kann.
Dieses Verständnis schwindet jetzt, tatsächliche oder fingierte Bedrohungs-szenarien zeigen Wirkung, überdies haben sich die Formen bewaffneter Auseinandersetzung gewandelt (Terror vs. reguläre Armeen). Dabei werden nicht selten Gruppen, die gestern noch als patriotische Freiheitskämpfer militärisch unterstützt wurden, heute als fanatische Killer dämonisiert (Afghanistan). Gleichzeitig bewegt sich das Thema in der „postheroischen Gesellschaft“ am Rande der politischen Debatte. Wie ist das möglich?
Als PsychologInnen und SozialwissenschaftlerInnen können wir uns dem Thema Krieg nicht entziehen und müssen zu dessen Normalisierung Stellung nehmen. Der Vorstand der Neuen Gesellschaft für Psychologie plant deshalb für den 7./8. März 2014 eine vorbereitende Tagung für einen größeren Kongress im Frühjahr 2015 unter dem Arbeitstitel „Krieg und stillschweigende Zustimmung“.
Wir laden Sie als KollegInnen ein, uns durch Ihre Teilnahme und eigene Statements und Diskussionsbeiträge bei der Ausrichtung des Kongresses 2015 zu unterstützen. Da wir bisher noch nicht alle wichtigen Aspekte berücksichtigen konnten und auch noch auf der Suche nach passenden ReferentInnen und Mitwirkenden sind, möchten wir uns im März 2014 in Berlin treffen, um den Kongress im März 2015 vorzubereiten. Uns ist bewusst, dass die (sozial-)psychologische Sichtweise nicht ohne das Material fruchtbar gemacht werden kann, das andere Disziplinen und Arbeitsfeldern zur Verfügung stellen.
Daher haben wir auch ExpertInnen aus anderen Feldern um Beiträge gebeten. Kritische Inputs aus militärischer Perspektive, aus philosophisch-ethischem Blickwinkel, politikwissenschaftliche und völkerrechtliche Aspekte sollen Eingang finden. In jedem Fall ist unsere Frage: Was tragen die aus diesen Bereichen zu berichtenden Dinge dazu bei, die Kriegsbereitschaft der Bevölkerung herzustellen, bzw. zu erhöhen, bzw. wie können diese Disziplinen jene theoretisch einordnen?
Beispielhaft beschäftigen uns folgende Fragen:
Wie wird der Diskurs über deutsche Kriegsbeteiligungen in den Medien gestaltet?
Wie werden die sozioökonomischen Hintergründe von aktuellen und zukünftigen Konfliktregionen medial und politisch dargestellt?
Wie werden Kriegsgründe und Kriegsfolgen, Leid und Flüchtlingsströme präsentiert? Wie wirken sich die „Einbettungen“ von JournalistInnen in die Netzwerke der Eliten für deren Berichterstattung aus? (Bspw. das Zusammentreffen von PolitikerInnen, JournalistInnen, WirtschaftslenkerInnen, Militärs und Waffenherstellern bei der Münchner Sicherheitskonferenz.)
Mit welchen Argumenten wird der Bruch des internationalen (Kriegs-)Rechts begründet?
Inwiefern verändern moderne Waffengattungen die Wahrnehmung von kriegerischen Handlungen? Welche Rolle spielen dabei die Geheimdienstorganisationen?
Wie gestaltet sich die aktuelle Arbeit der Friedensinitiativen bzw. wie wird diese medial dargestellt?
Welche Rolle spielt die Psychologie ...
bzgl. kriegsrelevanter Forschung?
hinsichtlich der Naturalisierung eines kriegerischen Menschenbildes?
wenn der Charakter von „Schurken“ und Despoten profiliert wird?
wenn seelische Krankheiten, die aus einem Krieg resultieren, als individuelle Probleme der Anpassung verstanden werden?
wenn sie Kriege aus ihren Wissensgebiet erklären soll, obwohl die sozioökonomischen Bedingungen einen weit höheren Erklärungswert versprechen?
Daran schließen sich weitere Fragen an:
Wie funktionieren Prozesse der Leugnung von konkret erlebten Kriegsgräueln bis hin zur alltäglichen Arbeit in der Waffenproduktion? Wie auf individuellem, wie auf gesellschaftlichem Niveau?
Wie ist die von manchen erlebte „Ohnmacht“ zu verstehen, nichts dagegen unternehmen zu können?
Wie wird Zustimmung zu – oder zumindest: keine Ablehnung von – Kriegseinsätzen hergestellt?
Wie werden die Traumata dargestellt, die deutsche SoldatInnen erfahren? Wie wird die Tatsache, dass diese nichts anderes als die Folgen der Politik zu tragen haben, verdreht? – und welche Folgen hat das für die Haltung der PsychologInnen? Einerseits ist Therapie an die Unabhängigkeit des Therapeuten/der Therapeutin von jenen Instanzen gebunden, unter deren Anweisungen die PatientInnen leiden, ebenso wie an die damit verbundene Möglichkeit des Patienten/der Patientin, „alles zu sagen, was ihm durch den Kopf geht“ (was bei SoldatInnen, die unter „Geheimhaltungspflicht“ gegenüber Personen außerhalb der Bundeswehr stehen, nicht gegeben ist) zum anderen wirbt das BMVerteidigung um die TherapeutInnen, die bisher keine Kassenzulassung haben.
Nehmen – und wenn ja – wie nehmen Computer-Kriegsspiele auf die Vorstellung vom Krieg bzw. die Einstellung zum Krieg Einfluss?
Sollten sie sich von diesem Projekt angesprochen fühlen, nehmen Sie einfach an dem vorbereitenden Symposium teil oder schicken uns ein Statement.
Klaus-Jürgen Bruder
Jörg Hein
Christoph Bialluch
Ophelia Solti
[Sie müssen registriert oder eingeloggt sein, um diesen Link sehen zu können]
Die letzten Kongresse der NGfP:
Macht – Kontrolle – Evidenz (2011)
Kongressband: K.-J. Bruder, Chr. Bialluch & B. Leuterer (Hg.) (2012). Macht – Kontrolle – Evidenz. Psychologische Praxis und Theorie in den gesellschaftlichen Veränderungen. Gießen: Psychosozial.
Sozialpsychologie des Kapitalismus – heute (2012)
Kongressband: K.-J. Bruder, Chr. Bialluch & B. Lemke (Hg.) (2013). Sozialpsychologie des Kapitalismus – heute. Zur Aktualität Peter Brückners. Gießen: Psychosozial.
Machtwirkung und Glücksversprechen. Gewalt und Rationalität in Sozialisation und Bildungsprozessen (2013)
Kongressband wird voraussichtlich im Februar 2014 bei Psychosozial erscheinen.
Ab 13:30 Uhr
Einschreibung zum Symposium
14:30 Uhr
Psychoanalyse und Gesellschaft Gemeinsame Arbeitsgruppeder NGfP und DGPT:
Psychologie in Zeiten des Neoliberalimus
Georg Bruns
Gesellschaftlicher Wandel, Sozialcharakter und das psychoanalytische Menschenbild
Klaus-Jürgen Bruder
Emotionaler Kapitalismus –Anmerkungen zu Eva Illouz
Jürgen Hardt
Psychoanalyse als Magd im Haushalt des Big-Money – Anmerkungen zu David Tuckett: Minding the Market
18:00 Uhr
Empfang der NGfP im Restaurant Galileo
Ab 9:00 Uhr
Einschreibung zum Symposium
10:00 – 18:00 Uhr
Trommeln für den Krieg – Symposium zum Thema „Krieg und Frieden“
Moderation: Christoph Bialluch
10:00 Uhr
Klaus-Jürgen Bruder
„Nicht zum Frieden, man muss zum Krieg planvoll erziehen“
(Peter Brückner)
– Ziel und Struktur der Tagung
10:30 Uhr
Almuth Bruder-Bezzel
Krieg in die Köpfe – Themenspektrum
10:50 Uhr
Michael Schulze von Glaßer
Der Werbefeldzug der Bundeswehr
11:10 Uhr
Uwe Krüger
Netzwerke zwischen JournalistInnen, PolitikerInnen und Militärs und die Rolle der deutschen Leitmedien im Sicherheitsdiskurs
(Da Uwe Krüger leider verhindert ist, wird es verlesen.)
11:30 Uhr
Diskussion
12:30 Uhr
Mittagspause
Moderation: Jörg Hein
14:00 Uhr
Arnd Pollmann
Krieg im Namen der Menschenrechte: Ein Ding der Unmöglichkeit?
14:20 Uhr
Regina Girod
Was der Krieg aus uns macht – David Grossmanns Psychogramme einer deformierten Gesellschaft
14:40 Uhr
Diskussion
15:30 Uhr
Kaffeepause
16:00 Uhr
Jürgen Rose
Vom Staatsbürger in Uniform zum archaischen Kämpfer – Anmerkungen zum Paradigmenwechsel in der deutschen Militärpolitik
16:20 Uhr
Jörg Kronauer
Die deutsche Weltpolitik – und wie sie im Inland durchgesetzt wird.
16:40 Uhr
Diskussion
17:20 Uhr
Gesamt-Diskussion im Hinblick auf Vorbereitung des Kongresses 2015
18:30 Uhr
Pause
19:30 – 21:00 Uhr
Mitgliederversammlung der Neuen Gesellschaft für Psychologie mit Brezeln und Wein
Wir bitten um einen Unkostenbeitrag von 25 € für die Teilnahme (Status I).
Studierende, AusbildungskandidatInnen und EmpfängerInnen von Transferleistungen (Status II) können sich kostenlos bis zum 31.01.2014 anmelden. Danach bitten wir um 10 € Unkostenbeitrag.
Anmeldung per Email bitte unter Angabe von Namen, Adresse und Status an folgende Adresse:
[Sie müssen registriert oder eingeloggt sein, um diesen Link sehen zu können]
Oder per Post an:
Neue Gesellschaft für Psychologie
z. Hd. Dr. Christoph Bialluch
Hobrechtstr. 69
12047 Berlin
Bankverbindung:
BLZ: 100 708 48 (Berliner Bank)
Kto: 368 233 300
IBAN: DE62 100 708 480 3682333 00,
BIC-/SWIFT-Code: DEUT DE DB110
(Die Bestätigung der Anmeldung erfolgt nach Eingang der Überweisung)
Ort des Kongresses ist das Seminarzentrum der Freien Universität Berlin, in der Silberlaube (Erdgeschoss), Otto-von Simson-Str. 26, 14195 Berlin-Dahlem. Die nächstgelegene U-Bahn-Station ist Dahlem Dorf (U3).
Die Neue Gellschaft für Psychologie ist ein Zusammenschluss von PsychologInnen und Angehörigen verwandter Berufe, mit dem Ziel, ein diskursives, kritisches und reflexives Wissenschaftsverständnis der Psychologie weiterzuentwickeln, eine problemgerechte und gesellschaftlich verantwortliche Forschung und Praxis zu unterstützen und eine Erneuerung der geistes-, kultur- und sozialwissenschaftlichen Orientierung der Psychologie zu ermöglichen.
scharf-links.de
Symposium der Neuen Gesellschaft für Psycho- logie zum Thema „Krieg und Frieden“ am 7./8. März 2014 an der Freien Universität Berlin
Mit Beiträgen von: Almuth Bruder-Bezzel, Arnd Pollmann, Georg Bruns, Jörg Kronauer, Jürgen Hardt, Jürgen Rose,Klaus-Jürgen Bruder, Michael Schulze von Glaßer,Regina Girod, Uwe Krüger
Und der Arbeitsgruppe Psychoanalyse und Ge- sellschaft mit dem Thema: „Psychologie in Zeiten des Neoliberalismus“
Einladung zur Beteiligung
Trommeln für den Krieg - Symposion der NGfP zum Thema „Krieg und Frieden“ am 7./8. März 2014 an der FU Berlin
Mit einer Minenräumaktion der Bundeswehr im Persischen Golf 1991 haben die Auslands- einsätze der Bundeswehr begonnen – schleichend. Es folgte die Entsendung eines Feldlazaretts nach Pnom Penh 1993, zweifellos gute Taten. Allerdings stimmte bereits am 16. Oktober 1998 der Deutsche Bundestag in einer Sondersitzung mit großer Mehrheit einer Beteiligung der Bundeswehr an möglichen Luftangriffen innerhalb der kriegerischen Intervention der NATO gegen Jugoslawien zu.
Für die Herstellung der bis dahin nicht vorhandenen „Kriegsbereitschaft“ hat der damalige grüne Außenminister Fischer die Indienstnahme von Auschwitz salonfähig gemacht. Gleichwohl dauerte es noch einige Zeit, bis offiziell von Krieg zu sprechen gewagt werden durfte. Die aktuell 13 Auslandseinsätze der Bundeswehr haben bislang98 Soldaten das Leben gekostet. Wie viele Feinde, Gegner oder Unbeteiligte Opfer der Bundeswehr wurden, ist uns nicht bekannt.
Zwar hat sich unsere Regierung bei angefragten Beteiligungen an Militärinterventionen im Irak und Libyen zurückgehalten, politische, finanzielle und militärtechnologische Unterstützung der Interventionen aus Deutschland hat es aber gleichwohl gegeben. Der erste Bundespräsident, der öffentlich äußerte, Deutschland müsse seiner Rolle in der Welt auch mit der Bereitschaft zu militärischen Einsätzen gerecht werden, ist daraufhin zurückgetreten, weil die Verfassung etwas anderes sagt (Art. 26 Abs.
1). Als der jetzige Bundespräsident Gauck das Gleiche mit der Wendung verkündete, es gehe um deutsche „Verantwortung“, hat es bereits keine wahrnehmbare kritische Reaktion mehr gegeben.
Wofür die deutsche Regierung der Bevölkerung „Verantwortung“ zu übernehmen abverlangt, ist offiziell klar festgeschrieben: z.B. in den Verteidigungspolitischen Richtlinien von 2011: „Freie Handelswege und eine gesicherte Rohstoffversorgung sind für die Zukunft Deutschlands und Europas von vitaler Bedeutung. Die Erschließung, Sicherung von und Zugang zu Bodenschätzen, Vertriebswegen und Märkten werden weltweit neu geordnet […] Störungen der Transportwege und der Rohstoff-und Warenströme […] stellen eine Gefährdung für Sicherheit und Wohlstand dar“.
Die Befürworter deutschen militärischen Engagements argumentieren regelmäßig, nach der deutschen Vereinigung gebe es keinen Grund mehr für einen deutschen „Sonderweg“, der noch durch die Prärogative der vier im Kalten Krieg begriffenen Siegermächte des Zweiten Weltkrieges gerechtfertigt gewesen sei. Will sagen, nunmehr müsse der Krieg als „Fortsetzung der Politik unter Einmischung anderer Mittel“ (Clausewitz) wie bei jeder anderen vergleichbaren Nation (wieder) zum normalen Bestandteil des politischen Geschäfts werden.
Wir fragen, ob dem nicht widersprochen werden muss, solange „die Politik die Fortsetzung des Krieges mit anderen Mitteln“ ist (Foucault). Vielleicht gibt es einen deutschen Sonderweg in dem Sinne, dass hierzulande etwas besser verstanden wurde als anderswo, dass nach den Weltkriegen des 20. Jahrhunderts und seinen Totalitarismen Krieg keine mögliche Form politischer Konfliktaustragung mehr sein kann.
Dieses Verständnis schwindet jetzt, tatsächliche oder fingierte Bedrohungs-szenarien zeigen Wirkung, überdies haben sich die Formen bewaffneter Auseinandersetzung gewandelt (Terror vs. reguläre Armeen). Dabei werden nicht selten Gruppen, die gestern noch als patriotische Freiheitskämpfer militärisch unterstützt wurden, heute als fanatische Killer dämonisiert (Afghanistan). Gleichzeitig bewegt sich das Thema in der „postheroischen Gesellschaft“ am Rande der politischen Debatte. Wie ist das möglich?
Als PsychologInnen und SozialwissenschaftlerInnen können wir uns dem Thema Krieg nicht entziehen und müssen zu dessen Normalisierung Stellung nehmen. Der Vorstand der Neuen Gesellschaft für Psychologie plant deshalb für den 7./8. März 2014 eine vorbereitende Tagung für einen größeren Kongress im Frühjahr 2015 unter dem Arbeitstitel „Krieg und stillschweigende Zustimmung“.
Wir laden Sie als KollegInnen ein, uns durch Ihre Teilnahme und eigene Statements und Diskussionsbeiträge bei der Ausrichtung des Kongresses 2015 zu unterstützen. Da wir bisher noch nicht alle wichtigen Aspekte berücksichtigen konnten und auch noch auf der Suche nach passenden ReferentInnen und Mitwirkenden sind, möchten wir uns im März 2014 in Berlin treffen, um den Kongress im März 2015 vorzubereiten. Uns ist bewusst, dass die (sozial-)psychologische Sichtweise nicht ohne das Material fruchtbar gemacht werden kann, das andere Disziplinen und Arbeitsfeldern zur Verfügung stellen.
Daher haben wir auch ExpertInnen aus anderen Feldern um Beiträge gebeten. Kritische Inputs aus militärischer Perspektive, aus philosophisch-ethischem Blickwinkel, politikwissenschaftliche und völkerrechtliche Aspekte sollen Eingang finden. In jedem Fall ist unsere Frage: Was tragen die aus diesen Bereichen zu berichtenden Dinge dazu bei, die Kriegsbereitschaft der Bevölkerung herzustellen, bzw. zu erhöhen, bzw. wie können diese Disziplinen jene theoretisch einordnen?
Beispielhaft beschäftigen uns folgende Fragen:
Wie wird der Diskurs über deutsche Kriegsbeteiligungen in den Medien gestaltet?
Wie werden die sozioökonomischen Hintergründe von aktuellen und zukünftigen Konfliktregionen medial und politisch dargestellt?
Wie werden Kriegsgründe und Kriegsfolgen, Leid und Flüchtlingsströme präsentiert? Wie wirken sich die „Einbettungen“ von JournalistInnen in die Netzwerke der Eliten für deren Berichterstattung aus? (Bspw. das Zusammentreffen von PolitikerInnen, JournalistInnen, WirtschaftslenkerInnen, Militärs und Waffenherstellern bei der Münchner Sicherheitskonferenz.)
Mit welchen Argumenten wird der Bruch des internationalen (Kriegs-)Rechts begründet?
Inwiefern verändern moderne Waffengattungen die Wahrnehmung von kriegerischen Handlungen? Welche Rolle spielen dabei die Geheimdienstorganisationen?
Wie gestaltet sich die aktuelle Arbeit der Friedensinitiativen bzw. wie wird diese medial dargestellt?
Welche Rolle spielt die Psychologie ...
bzgl. kriegsrelevanter Forschung?
hinsichtlich der Naturalisierung eines kriegerischen Menschenbildes?
wenn der Charakter von „Schurken“ und Despoten profiliert wird?
wenn seelische Krankheiten, die aus einem Krieg resultieren, als individuelle Probleme der Anpassung verstanden werden?
wenn sie Kriege aus ihren Wissensgebiet erklären soll, obwohl die sozioökonomischen Bedingungen einen weit höheren Erklärungswert versprechen?
Daran schließen sich weitere Fragen an:
Wie funktionieren Prozesse der Leugnung von konkret erlebten Kriegsgräueln bis hin zur alltäglichen Arbeit in der Waffenproduktion? Wie auf individuellem, wie auf gesellschaftlichem Niveau?
Wie ist die von manchen erlebte „Ohnmacht“ zu verstehen, nichts dagegen unternehmen zu können?
Wie wird Zustimmung zu – oder zumindest: keine Ablehnung von – Kriegseinsätzen hergestellt?
Wie werden die Traumata dargestellt, die deutsche SoldatInnen erfahren? Wie wird die Tatsache, dass diese nichts anderes als die Folgen der Politik zu tragen haben, verdreht? – und welche Folgen hat das für die Haltung der PsychologInnen? Einerseits ist Therapie an die Unabhängigkeit des Therapeuten/der Therapeutin von jenen Instanzen gebunden, unter deren Anweisungen die PatientInnen leiden, ebenso wie an die damit verbundene Möglichkeit des Patienten/der Patientin, „alles zu sagen, was ihm durch den Kopf geht“ (was bei SoldatInnen, die unter „Geheimhaltungspflicht“ gegenüber Personen außerhalb der Bundeswehr stehen, nicht gegeben ist) zum anderen wirbt das BMVerteidigung um die TherapeutInnen, die bisher keine Kassenzulassung haben.
Nehmen – und wenn ja – wie nehmen Computer-Kriegsspiele auf die Vorstellung vom Krieg bzw. die Einstellung zum Krieg Einfluss?
Sollten sie sich von diesem Projekt angesprochen fühlen, nehmen Sie einfach an dem vorbereitenden Symposium teil oder schicken uns ein Statement.
Klaus-Jürgen Bruder
Jörg Hein
Christoph Bialluch
Ophelia Solti
[Sie müssen registriert oder eingeloggt sein, um diesen Link sehen zu können]
Die letzten Kongresse der NGfP:
Macht – Kontrolle – Evidenz (2011)
Kongressband: K.-J. Bruder, Chr. Bialluch & B. Leuterer (Hg.) (2012). Macht – Kontrolle – Evidenz. Psychologische Praxis und Theorie in den gesellschaftlichen Veränderungen. Gießen: Psychosozial.
Sozialpsychologie des Kapitalismus – heute (2012)
Kongressband: K.-J. Bruder, Chr. Bialluch & B. Lemke (Hg.) (2013). Sozialpsychologie des Kapitalismus – heute. Zur Aktualität Peter Brückners. Gießen: Psychosozial.
Machtwirkung und Glücksversprechen. Gewalt und Rationalität in Sozialisation und Bildungsprozessen (2013)
Kongressband wird voraussichtlich im Februar 2014 bei Psychosozial erscheinen.
Ab 13:30 Uhr
Einschreibung zum Symposium
14:30 Uhr
Psychoanalyse und Gesellschaft Gemeinsame Arbeitsgruppeder NGfP und DGPT:
Psychologie in Zeiten des Neoliberalimus
Georg Bruns
Gesellschaftlicher Wandel, Sozialcharakter und das psychoanalytische Menschenbild
Klaus-Jürgen Bruder
Emotionaler Kapitalismus –Anmerkungen zu Eva Illouz
Jürgen Hardt
Psychoanalyse als Magd im Haushalt des Big-Money – Anmerkungen zu David Tuckett: Minding the Market
18:00 Uhr
Empfang der NGfP im Restaurant Galileo
Ab 9:00 Uhr
Einschreibung zum Symposium
10:00 – 18:00 Uhr
Trommeln für den Krieg – Symposium zum Thema „Krieg und Frieden“
Moderation: Christoph Bialluch
10:00 Uhr
Klaus-Jürgen Bruder
„Nicht zum Frieden, man muss zum Krieg planvoll erziehen“
(Peter Brückner)
– Ziel und Struktur der Tagung
10:30 Uhr
Almuth Bruder-Bezzel
Krieg in die Köpfe – Themenspektrum
10:50 Uhr
Michael Schulze von Glaßer
Der Werbefeldzug der Bundeswehr
11:10 Uhr
Uwe Krüger
Netzwerke zwischen JournalistInnen, PolitikerInnen und Militärs und die Rolle der deutschen Leitmedien im Sicherheitsdiskurs
(Da Uwe Krüger leider verhindert ist, wird es verlesen.)
11:30 Uhr
Diskussion
12:30 Uhr
Mittagspause
Moderation: Jörg Hein
14:00 Uhr
Arnd Pollmann
Krieg im Namen der Menschenrechte: Ein Ding der Unmöglichkeit?
14:20 Uhr
Regina Girod
Was der Krieg aus uns macht – David Grossmanns Psychogramme einer deformierten Gesellschaft
14:40 Uhr
Diskussion
15:30 Uhr
Kaffeepause
16:00 Uhr
Jürgen Rose
Vom Staatsbürger in Uniform zum archaischen Kämpfer – Anmerkungen zum Paradigmenwechsel in der deutschen Militärpolitik
16:20 Uhr
Jörg Kronauer
Die deutsche Weltpolitik – und wie sie im Inland durchgesetzt wird.
16:40 Uhr
Diskussion
17:20 Uhr
Gesamt-Diskussion im Hinblick auf Vorbereitung des Kongresses 2015
18:30 Uhr
Pause
19:30 – 21:00 Uhr
Mitgliederversammlung der Neuen Gesellschaft für Psychologie mit Brezeln und Wein
Wir bitten um einen Unkostenbeitrag von 25 € für die Teilnahme (Status I).
Studierende, AusbildungskandidatInnen und EmpfängerInnen von Transferleistungen (Status II) können sich kostenlos bis zum 31.01.2014 anmelden. Danach bitten wir um 10 € Unkostenbeitrag.
Anmeldung per Email bitte unter Angabe von Namen, Adresse und Status an folgende Adresse:
[Sie müssen registriert oder eingeloggt sein, um diesen Link sehen zu können]
Oder per Post an:
Neue Gesellschaft für Psychologie
z. Hd. Dr. Christoph Bialluch
Hobrechtstr. 69
12047 Berlin
Bankverbindung:
BLZ: 100 708 48 (Berliner Bank)
Kto: 368 233 300
IBAN: DE62 100 708 480 3682333 00,
BIC-/SWIFT-Code: DEUT DE DB110
(Die Bestätigung der Anmeldung erfolgt nach Eingang der Überweisung)
Ort des Kongresses ist das Seminarzentrum der Freien Universität Berlin, in der Silberlaube (Erdgeschoss), Otto-von Simson-Str. 26, 14195 Berlin-Dahlem. Die nächstgelegene U-Bahn-Station ist Dahlem Dorf (U3).
Die Neue Gellschaft für Psychologie ist ein Zusammenschluss von PsychologInnen und Angehörigen verwandter Berufe, mit dem Ziel, ein diskursives, kritisches und reflexives Wissenschaftsverständnis der Psychologie weiterzuentwickeln, eine problemgerechte und gesellschaftlich verantwortliche Forschung und Praxis zu unterstützen und eine Erneuerung der geistes-, kultur- und sozialwissenschaftlichen Orientierung der Psychologie zu ermöglichen.
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