Väter unter Druck
Moderne Männer mit Kindern versuchen laut Studie, Familie und Beruf zu vereinbaren. Trotzdem arbeiten 89 Prozent in Vollzeit. DGB rügt »Präsenzkultur« in Firmen
Von Jana Frielinghaus
Väter haben heute recht hohe Ansprüche an sich selbst und sind deshalb manchmal hin- und hergerissen – wie die berufstätigen Mütter auch. Sie wollen Ernährer der Familie bleiben und sind es mehrheitlich auch immer noch. Zugleich möchten sie mehr Zeit für ihre Kinder haben, an ihrer Entwicklung teilhaben. Wie den Frauen gelingt es ihnen aber selten, all das unter einen Hut zu bringen. Trotzdem finden immerhin 58 Prozent, daß ihr Leben nach der Geburt des Nachwuchses »glücklicher und erfüllter« ist als zuvor. Dies ist das Resümee einer am Montag veröffentlichten Studie des Forsa-Instituts. Dafür wurden im Auftrag der Zeitschrift Eltern im September und Oktober 2013 mehr als 1000 nach einem »systematischen Zufallsverfahren ausgewählte« Väter und Stiefväter befragt, deren Kinder in einem Haushalt mit ihnen leben.
Auffällige Befunde sind dabei, daß trotz des Bedürfnisses, mehr mit dem Nachwuchs zusammenzusein, kaum ein Mann beruflich zurücksteckt. 89 Prozent arbeiten in Vollzeit – im Osten Deutschlands 86, im Westen 90 Prozent. Ein Drittel der ganztags Beschäftigten würde allerdings gern die wöchentliche Stundenzahl reduzieren, sieht aber keine Möglichkeit dazu. Tatsächlich arbeiten nur vier Prozent der Väter in Teilzeit. Sieben Prozent studieren, sind in Elternzeit oder nicht berufstätig. Bei der Verteilung der Erwerbstätigkeit taten sich erhebliche Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland auf. Während im Osten 39 Prozent der Väter angaben, daß beide Partner in gleichem Maße für das Familieneinkommen zuständig sind, sind dies im Westen nur 17 Prozent.
Der Soziologe Thomas Gesterkamp betonte bei der Vorstellung der Umfrageergebnisse, das Geldverdienen sei für Männer nicht zwangsläufig Selbstverwirklichung, sondern vielfach Arbeit für die Familie. Zum Teil verausgabten sie sich auch wegen der »ambivalenten Erwartungen mancher Frauen« nach dem Motto »Am besten, du verdienst 10000 Euro im Monat und bist schon mittags zu Hause«.
Die Elternzeit, obwohl seit einigen Jahren recht gut bezahlt, wird derweil noch immer von der Mehrheit – 82 Prozent – gar nicht in Anspruch genommen. Von den unter 40jährigen Vätern geht immerhin schon ein Viertel ins zweimonatige »Wickelvolontariat«. Nur drei Prozent bleiben zwei bis vier Monate überwiegend beim Kind, ein Prozent vier bis sechs und fünf Prozent mehr als sechs Monate. Letztere ist die eigentlich erstaunliche Zahl, denn vor Einführung des 2007 eingeführten Elterngeldes blieben insgesamt weniger als fünf Prozent der Väter überhaupt ein Weilchen zu Hause. Viele Männer fürchten jedoch, daß sich auch eine kurze Auszeit negativ auf ihr berufliches Fortkommen auswirken würde.
Positiv wird von den Autoren hervorgehoben, daß neun von zehn Befragten angaben, sich an der Hausarbeit in der einen oder anderen Form zu beteiligen. 38 Prozent übernehmen demnach sogar die Hälfte oder mehr davon. 52 Prozent aber beteiligen sich nur zu einem kleinen Teil, neun Prozent nach wie vor so gut wie gar nicht.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) forderte anläßlich der Veröffentlichung der Studie flexiblere Arbeitsmodelle für Väter mit Vollzeitjob. Weil sich deren Mehrheit keine Teilzeitarbeit wünsche, müßten Betriebe und Verwaltungen »Konzepte entwickeln für Arbeitszeiten, die sich an den Lebensphasen der Beschäftigten orientieren«, sagte DGB-Vizechefin Elke Hannack der Zeitung Die Welt (Dienstagausgabe). Vollzeitarbeit mit starrem Zeitregime und einer »ausgeprägten Präsenzkultur« im Unternehmen lasse sich nur schwer mit Familienarbeit verbinden. Zugleich forderte die DGB-Frau ein Ende der Benachteiligung von Teilzeitkräften. Bei ihnen müsse ebenfalls »die berufliche Entwicklung weitergehen und Führungsverantwortung möglich sein«. Auch der familienpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Marcus Weinberg (CDU), verlangte mehr gesellschaftliche Akzeptanz für Väter in Teilzeitjobs. Deshalb plane die Regierung für diese Beschäftigtengruppe auch das »Elterngeld Plus«. Damit soll laut Koalitionsvertrag der Bezug von Elterngeld mit einer Teilzeitarbeit für die Dauer von 28 Monaten verbunden werden können. Familienministerin Manuela Schwesig (SPD) war Ende vergangener Woche mit ihrem Plädoyer für eine 32-Stunde-Woche für Eltern bei vollem Lohnausgleich abgeblitzt.
jw
Moderne Männer mit Kindern versuchen laut Studie, Familie und Beruf zu vereinbaren. Trotzdem arbeiten 89 Prozent in Vollzeit. DGB rügt »Präsenzkultur« in Firmen
Von Jana Frielinghaus
Väter haben heute recht hohe Ansprüche an sich selbst und sind deshalb manchmal hin- und hergerissen – wie die berufstätigen Mütter auch. Sie wollen Ernährer der Familie bleiben und sind es mehrheitlich auch immer noch. Zugleich möchten sie mehr Zeit für ihre Kinder haben, an ihrer Entwicklung teilhaben. Wie den Frauen gelingt es ihnen aber selten, all das unter einen Hut zu bringen. Trotzdem finden immerhin 58 Prozent, daß ihr Leben nach der Geburt des Nachwuchses »glücklicher und erfüllter« ist als zuvor. Dies ist das Resümee einer am Montag veröffentlichten Studie des Forsa-Instituts. Dafür wurden im Auftrag der Zeitschrift Eltern im September und Oktober 2013 mehr als 1000 nach einem »systematischen Zufallsverfahren ausgewählte« Väter und Stiefväter befragt, deren Kinder in einem Haushalt mit ihnen leben.
Auffällige Befunde sind dabei, daß trotz des Bedürfnisses, mehr mit dem Nachwuchs zusammenzusein, kaum ein Mann beruflich zurücksteckt. 89 Prozent arbeiten in Vollzeit – im Osten Deutschlands 86, im Westen 90 Prozent. Ein Drittel der ganztags Beschäftigten würde allerdings gern die wöchentliche Stundenzahl reduzieren, sieht aber keine Möglichkeit dazu. Tatsächlich arbeiten nur vier Prozent der Väter in Teilzeit. Sieben Prozent studieren, sind in Elternzeit oder nicht berufstätig. Bei der Verteilung der Erwerbstätigkeit taten sich erhebliche Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland auf. Während im Osten 39 Prozent der Väter angaben, daß beide Partner in gleichem Maße für das Familieneinkommen zuständig sind, sind dies im Westen nur 17 Prozent.
Der Soziologe Thomas Gesterkamp betonte bei der Vorstellung der Umfrageergebnisse, das Geldverdienen sei für Männer nicht zwangsläufig Selbstverwirklichung, sondern vielfach Arbeit für die Familie. Zum Teil verausgabten sie sich auch wegen der »ambivalenten Erwartungen mancher Frauen« nach dem Motto »Am besten, du verdienst 10000 Euro im Monat und bist schon mittags zu Hause«.
Die Elternzeit, obwohl seit einigen Jahren recht gut bezahlt, wird derweil noch immer von der Mehrheit – 82 Prozent – gar nicht in Anspruch genommen. Von den unter 40jährigen Vätern geht immerhin schon ein Viertel ins zweimonatige »Wickelvolontariat«. Nur drei Prozent bleiben zwei bis vier Monate überwiegend beim Kind, ein Prozent vier bis sechs und fünf Prozent mehr als sechs Monate. Letztere ist die eigentlich erstaunliche Zahl, denn vor Einführung des 2007 eingeführten Elterngeldes blieben insgesamt weniger als fünf Prozent der Väter überhaupt ein Weilchen zu Hause. Viele Männer fürchten jedoch, daß sich auch eine kurze Auszeit negativ auf ihr berufliches Fortkommen auswirken würde.
Positiv wird von den Autoren hervorgehoben, daß neun von zehn Befragten angaben, sich an der Hausarbeit in der einen oder anderen Form zu beteiligen. 38 Prozent übernehmen demnach sogar die Hälfte oder mehr davon. 52 Prozent aber beteiligen sich nur zu einem kleinen Teil, neun Prozent nach wie vor so gut wie gar nicht.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) forderte anläßlich der Veröffentlichung der Studie flexiblere Arbeitsmodelle für Väter mit Vollzeitjob. Weil sich deren Mehrheit keine Teilzeitarbeit wünsche, müßten Betriebe und Verwaltungen »Konzepte entwickeln für Arbeitszeiten, die sich an den Lebensphasen der Beschäftigten orientieren«, sagte DGB-Vizechefin Elke Hannack der Zeitung Die Welt (Dienstagausgabe). Vollzeitarbeit mit starrem Zeitregime und einer »ausgeprägten Präsenzkultur« im Unternehmen lasse sich nur schwer mit Familienarbeit verbinden. Zugleich forderte die DGB-Frau ein Ende der Benachteiligung von Teilzeitkräften. Bei ihnen müsse ebenfalls »die berufliche Entwicklung weitergehen und Führungsverantwortung möglich sein«. Auch der familienpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Marcus Weinberg (CDU), verlangte mehr gesellschaftliche Akzeptanz für Väter in Teilzeitjobs. Deshalb plane die Regierung für diese Beschäftigtengruppe auch das »Elterngeld Plus«. Damit soll laut Koalitionsvertrag der Bezug von Elterngeld mit einer Teilzeitarbeit für die Dauer von 28 Monaten verbunden werden können. Familienministerin Manuela Schwesig (SPD) war Ende vergangener Woche mit ihrem Plädoyer für eine 32-Stunde-Woche für Eltern bei vollem Lohnausgleich abgeblitzt.
jw