Gluckensucht
Bundeswehr wird familienfreundlich
Von Arnold Schölzel
Seit Anfang der 90er Jahre gibt es nur noch schöne Kriege des Westens. Sie werden entweder aus hochmoralischen Motiven geführt oder sind keine Kriege. Sondern eine Dienstleistung für »Sicherheit«, hat die oberste EU-Diplomatin Catherine Ashton gerade von sich gegeben.
Nun wird Krieg noch schöner. Der Koalitionsvertrag enthält einen Geschenkekatalog für die Truppe. In Aussicht gestellt werden u. a. eine gesteigerte »Durchhaltefähigkeit« in fremden Ländern und wenn das Kommando Spezialkräfte mal wieder zum Killen entsandt wird, dann soll auch in Zukunft die Öffentlichkeit nichts davon erfahren. Die »glücksüchtige« deutsche Gesellschaft erträgt schwer, »daß es wieder deutsche Gefallene gibt«, kritisierte Joachim Gauck, und auf sogenannte investigative deutsche Journalisten ist Verlaß: Sie finden nie etwas heraus, geschweige, daß sie über Krieg reden wie er stattfindet, als Töten und Getötetwerden, Verbrechen jeder Art eingeschlossen.
Die per Arbeitsvertrag für diese Tätigkeit verpflichteten Angehörigen der Bundeswehr sind offenbar nicht frei von der allgemeinen Stimmung. Der Wehrbeauftragte des Bundestages berichtet von einem Beschwerderekord aus der Truppe – zu häufige Versetzungen, schleppende Auszahlung von Arztbeihilfen, schlechte Ausrüstung etc. – was eine Komfortarmee eben umtreibt. Bevor aus dem Frust Schlimmeres resultiert, z. B. einige deutsche Edward Snowdens, hat nun Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen in Bild am Sonntag (BamS) angekündigt, daß sie den Wohlfühlfaktor in der Bundeswehr sprunghaft erhöhen will. Bei deren Umbau, so ihr Vorgänger, sei Zufriedenheit kein Ziel, das ändert sich nun: »Die Bundeswehr soll einer der attraktivsten Arbeitgeber Deutschlands werden« – familienfreundlich, »verläßlichere Karriereplanung«, Teilzeit, »Sprungbrett in die Wirtschaft«. Ein Rundumsorglospaket, damit das Killen mit Hilfe von Joystick aus der Heimatkaserne oder Befehl zum Bomben aus dem klimatisierten Führungsbunker einfach unbelasteter wird. Nicht Glückssucht, sondern Gluckensucht ist die Devise. Die Disziplin für ihren Job im Bendlerblock hat sich Frau von der Leyen in der eigenen Familie erdient, wie sie der BamS anvertraut: »Man hört irgendwann automatisch auf, die Nächte durchzufeiern, wenn man weiß: Morgen früh um sechs Uhr stehen die Kinder vor dem Bett.« Kinderkriegen in der Bundeswehr, das reißt die Antrittsstärke hoch. Die Katastrophen, die von der deutschen Söldnertruppe in Jugoslawien und Afghanistan und mit ihrer Hilfe anderswo gerade unter Kindern und Jugendlichen hinterlassen werden, fallen nicht ins Gewicht. Denn vor jedem »Einsatz« steht für Herrenmenschendemokraten fest: Die dort haben zwar Menschenrechte, aber kein Recht auf Leben. Sonst wäre der Krieg nicht schön, d.h. in jeder Hinsicht einfach angenehm.
jw
Bundeswehr wird familienfreundlich
Von Arnold Schölzel
Seit Anfang der 90er Jahre gibt es nur noch schöne Kriege des Westens. Sie werden entweder aus hochmoralischen Motiven geführt oder sind keine Kriege. Sondern eine Dienstleistung für »Sicherheit«, hat die oberste EU-Diplomatin Catherine Ashton gerade von sich gegeben.
Nun wird Krieg noch schöner. Der Koalitionsvertrag enthält einen Geschenkekatalog für die Truppe. In Aussicht gestellt werden u. a. eine gesteigerte »Durchhaltefähigkeit« in fremden Ländern und wenn das Kommando Spezialkräfte mal wieder zum Killen entsandt wird, dann soll auch in Zukunft die Öffentlichkeit nichts davon erfahren. Die »glücksüchtige« deutsche Gesellschaft erträgt schwer, »daß es wieder deutsche Gefallene gibt«, kritisierte Joachim Gauck, und auf sogenannte investigative deutsche Journalisten ist Verlaß: Sie finden nie etwas heraus, geschweige, daß sie über Krieg reden wie er stattfindet, als Töten und Getötetwerden, Verbrechen jeder Art eingeschlossen.
Die per Arbeitsvertrag für diese Tätigkeit verpflichteten Angehörigen der Bundeswehr sind offenbar nicht frei von der allgemeinen Stimmung. Der Wehrbeauftragte des Bundestages berichtet von einem Beschwerderekord aus der Truppe – zu häufige Versetzungen, schleppende Auszahlung von Arztbeihilfen, schlechte Ausrüstung etc. – was eine Komfortarmee eben umtreibt. Bevor aus dem Frust Schlimmeres resultiert, z. B. einige deutsche Edward Snowdens, hat nun Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen in Bild am Sonntag (BamS) angekündigt, daß sie den Wohlfühlfaktor in der Bundeswehr sprunghaft erhöhen will. Bei deren Umbau, so ihr Vorgänger, sei Zufriedenheit kein Ziel, das ändert sich nun: »Die Bundeswehr soll einer der attraktivsten Arbeitgeber Deutschlands werden« – familienfreundlich, »verläßlichere Karriereplanung«, Teilzeit, »Sprungbrett in die Wirtschaft«. Ein Rundumsorglospaket, damit das Killen mit Hilfe von Joystick aus der Heimatkaserne oder Befehl zum Bomben aus dem klimatisierten Führungsbunker einfach unbelasteter wird. Nicht Glückssucht, sondern Gluckensucht ist die Devise. Die Disziplin für ihren Job im Bendlerblock hat sich Frau von der Leyen in der eigenen Familie erdient, wie sie der BamS anvertraut: »Man hört irgendwann automatisch auf, die Nächte durchzufeiern, wenn man weiß: Morgen früh um sechs Uhr stehen die Kinder vor dem Bett.« Kinderkriegen in der Bundeswehr, das reißt die Antrittsstärke hoch. Die Katastrophen, die von der deutschen Söldnertruppe in Jugoslawien und Afghanistan und mit ihrer Hilfe anderswo gerade unter Kindern und Jugendlichen hinterlassen werden, fallen nicht ins Gewicht. Denn vor jedem »Einsatz« steht für Herrenmenschendemokraten fest: Die dort haben zwar Menschenrechte, aber kein Recht auf Leben. Sonst wäre der Krieg nicht schön, d.h. in jeder Hinsicht einfach angenehm.
jw