Mahngang und Freudentänze
Dresden war am Donnerstag (fast) nazifrei. 3000 Antifaschisten demonstrierten
Von Roman Waldheim
Halb Dresden schien auf den Beinen am Donnerstag nachmittag, dem 13. Februar. Immer mehr Menschen kamen vor dem Volkshaus am Schützenplatz zusammen. Es gab Vorkontrollen, aber die Polizei hielt sich sichtlich zurück. Hier war der Startpunkt des »Täterspuren-Mahngangs«, vom Bündnis »Dresden nazifrei« veranstaltet. »Wir wollen ein Gedenken, das die Täterspuren sucht und nicht die Opfermythen pflegt« – dieser Kritikpunkt an der städtischen Gedenkpolitik erntete auf der Kundgebung lauten Beifall. »Das Problem an Dresden ist, daß Geschichtsschreibung nicht als Prozeß der kritischen Auseinandersetzung aufgefaßt wird«, urteilte etwa das alternative Nachrichtenportal addn.me.
Zwangsarbeit, Kriegswirtschaft und tödliche Gewalt gegen Antifaschisten wie die Ermordung von neun Arbeitern durch die Polizei am 25. Januar 1933: Im Laufe des Mahnganges wurden sieben Orte vorgestellt, die von der Rolle der Dresdener Institutionen und Betriebe in der nationalsozialistischen Vernichtungsmaschinerie handeln. Der Demonstrationszug wuchs indessen auf über 3000 Menschen an. Als am Abend klarwurde, daß es keine rechte Demo gibt, feierten mehrere Dutzend Menschen ausgelassen auf der Prager Straße und tanzten am Lautsprecherwagen des Bündnisses »Dresden nazifrei« zu Punk- und Elektromusik. Den verstreuten Nazis in der Innenstadt gelang es zu keiner Zeit, sich zu einer größeren Gruppe zu formieren und nennenswerte Aktionen zu starten.
Einen Tag vorher sah das noch ganz anders aus: Das neonazistische »Aktionsbündnis gegen das Vergessen« hatte seinen Aufmarsch auf den Abend des 12. Februar vorverlegt und die Polizei den etwa 300 bis 500 Nazis bereitwillig den Weg in Richtung Hauptbahnhof freigeprügelt. Störversuche wie die Beschallung durch einen antifaschistischen Lautsprecherwagen wurden martialisch unterbunden, die Lauti-Fahrerin und der Künstler »Prinz Chaos« in Gewahrsam genommen. Das Vorgehen der Polizei wurde von verschiedenen Seiten scharf kritisiert. Eine Sprecherin der jüdischen Landesgemeinde äußerte auf der Zwischenkundgebung des Täterspuren-Mahnganges, daß man an 1933 denken müsse, wenn Stadt und Polizei einen Fackelmarsch der Nazis erlauben und durchsetzen. Antifaschistische Gruppen äußerten auch Kritik am Konzept der Gegenproteste: Daß sich nur 1000 Menschen am Mittwoch abend spontan den Nazis in den Weg stellten, sei für eine Stadt der Größe Dresdens einfach zuwenig.
jw
Dresden war am Donnerstag (fast) nazifrei. 3000 Antifaschisten demonstrierten
Von Roman Waldheim
Halb Dresden schien auf den Beinen am Donnerstag nachmittag, dem 13. Februar. Immer mehr Menschen kamen vor dem Volkshaus am Schützenplatz zusammen. Es gab Vorkontrollen, aber die Polizei hielt sich sichtlich zurück. Hier war der Startpunkt des »Täterspuren-Mahngangs«, vom Bündnis »Dresden nazifrei« veranstaltet. »Wir wollen ein Gedenken, das die Täterspuren sucht und nicht die Opfermythen pflegt« – dieser Kritikpunkt an der städtischen Gedenkpolitik erntete auf der Kundgebung lauten Beifall. »Das Problem an Dresden ist, daß Geschichtsschreibung nicht als Prozeß der kritischen Auseinandersetzung aufgefaßt wird«, urteilte etwa das alternative Nachrichtenportal addn.me.
Zwangsarbeit, Kriegswirtschaft und tödliche Gewalt gegen Antifaschisten wie die Ermordung von neun Arbeitern durch die Polizei am 25. Januar 1933: Im Laufe des Mahnganges wurden sieben Orte vorgestellt, die von der Rolle der Dresdener Institutionen und Betriebe in der nationalsozialistischen Vernichtungsmaschinerie handeln. Der Demonstrationszug wuchs indessen auf über 3000 Menschen an. Als am Abend klarwurde, daß es keine rechte Demo gibt, feierten mehrere Dutzend Menschen ausgelassen auf der Prager Straße und tanzten am Lautsprecherwagen des Bündnisses »Dresden nazifrei« zu Punk- und Elektromusik. Den verstreuten Nazis in der Innenstadt gelang es zu keiner Zeit, sich zu einer größeren Gruppe zu formieren und nennenswerte Aktionen zu starten.
Einen Tag vorher sah das noch ganz anders aus: Das neonazistische »Aktionsbündnis gegen das Vergessen« hatte seinen Aufmarsch auf den Abend des 12. Februar vorverlegt und die Polizei den etwa 300 bis 500 Nazis bereitwillig den Weg in Richtung Hauptbahnhof freigeprügelt. Störversuche wie die Beschallung durch einen antifaschistischen Lautsprecherwagen wurden martialisch unterbunden, die Lauti-Fahrerin und der Künstler »Prinz Chaos« in Gewahrsam genommen. Das Vorgehen der Polizei wurde von verschiedenen Seiten scharf kritisiert. Eine Sprecherin der jüdischen Landesgemeinde äußerte auf der Zwischenkundgebung des Täterspuren-Mahnganges, daß man an 1933 denken müsse, wenn Stadt und Polizei einen Fackelmarsch der Nazis erlauben und durchsetzen. Antifaschistische Gruppen äußerten auch Kritik am Konzept der Gegenproteste: Daß sich nur 1000 Menschen am Mittwoch abend spontan den Nazis in den Weg stellten, sei für eine Stadt der Größe Dresdens einfach zuwenig.
jw