Thüringer in Wiener U-Haft
Haftprüfung am Montag: Jenaer Antifaschist sitzt seit Protest gegen »Akademikerball« in Österreichs Hauptstadt fest. Solidaritätsgruppen fordern Rücktritt des Polizeipräsidenten
Von John Lütten
Die Polizei hatte eigens eine Sperrzone und ein »Schalverbot« verhängt: Bei antifaschistischen Protesten gegen den »Wiener Akademikerball« waren am 24. Januar nach Rangeleien mit den Einsatzkräften 14 Personen festgenommen worden. Zwei Wochen später sind alle wieder auf freien Fuß – bis auf einen jungen Aktivisten aus Thüringen, der wegen »Verdunklungsgefahr« noch immer in Untersuchungshaft sitzt. Sowohl Bekannten als auch dem Anwalt des 23jährigen soll der Kontakt zu ihm bislang erschwert worden sein – zudem seien keine konkreten Tatvorwürfe mitgeteilt worden, werfen Unterstützergruppen aus Wien und Jena den Strafverfolgungsbehörden vor. Am Montag steht ein neuer Termin zur Haftprüfung an. Österreichischen Medien teilte die Staatsanwaltschaft mit, daß die U-Haft wegen Körperverletzung, Sachbeschädigung, Angriff auf einen Polizisten und Landfriedensbruch verhängt worden sei. Auch von »Rädelsführerschaft« war die Rede. Nicht das Fest der Rechten, sondern angereiste Antifaschisten aus Deutschland scheinen für österreichische Medien wie den KURIER das Problem zu sein.
Der »Akademikerball« ist seit jeher eine der wichtigsten Festveranstaltungen der österreichischen Rechten und ihrer Studentenverbindungen. Selbsternannte Leistungsträger und jene, die es werden wollen, versammeln sich hier mit Pomp und Pathos zum jährlichen Stelldichein. Das Publikum reicht vom konservativen Unternehmertum bis zum rechten Flügel schlagender Verbindungen, das Fest gilt zugleich als Vernetzungstreffen extrem rechter und rechtspopulistischer Parteien aus ganz Europa. Bis 2012 hieß er »Wiener Korporationsball«, seit letztem Jahr organisiert ihn die Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) unter neuem Namen. Rund 400 Teilnehmer sollen es dieses Jahr gewesen sein. Presse war auf dem Fest keine zugelassen – die Reichen, die Rechten und die Schönen wollten unter sich bleiben.
Parallel demonstrierten knapp 6000 Antifaschisten in der Wiener Innenstadt gegen den Ball (jW berichtete). Die Polizei hatte eigens eine Sperrzone eingerichtet und ein »Schalverbot« ausgesprochen. Bei Zusammenstößen zwischen Demonstranten und der Polizei kam es zu Sachbeschädigungen und 14 Festnahmen. Die sozialdemokratische SPÖ, Grüne und der Wiener Bürgermeister üben scharfe Kritik am harten Vorgehen der Polizei. Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) hingegen ließ verlauten, der Einsatz sei »vorbildlich« verlaufen. In Wien forderten am Freitag Demonstranten den Rücktritt des Polizeipräsidenten und ehemaligen Burschenschaftlers Gerhard Pürstl.
Unter den Festgenommenen war auch der junge Antifaschist aus Thüringen, der von seinem Recht auf Aussageverweigerung Gebrauch machte und nun seit fast zwei Wochen in Wien in Untersuchungshaft sitzt. »Es steht zu befürchten, daß an Josef ein Exempel statuiert werden soll und er als Sündenbock für die Eskalation der Proteste herhalten muß«, heißt es in einer Stellungnahme der Jugendorganisation »Die Falken« aus Jena. »Dieser Eindruck wird noch verschärft durch eine stimmungsmachende Berichterstattung, wo bereits jetzt von ihm als einem vermeintlichen ›Rädelsführer‹ gesprochen wird«.
Nach Einschätzung der »Roten Hilfe Jena« ist nicht auszuschließen, daß mit dem Vorwurf der Rädelsführerschaft auch noch weitere Antifaschisten belangt werden sollen. In Wien und Jena haben sich nun Unterstützerinitiativen gegründet, linke Gruppen aus anderen Städten bekunden ihre Solidarität mit dem kriminalisierten Antifaschisten. Für kommenden Montag vormittag wurde ein neuer Termin zur Prüfung der Untersuchungshaft anberaumt. Unter dem Motto »Freiheit für Josef« findet in Jena ab 10 Uhr eine Solidaritätskundgebung am Johannistor statt.
Weitere Informationen: soli2401.blogsport.eu
jw
Haftprüfung am Montag: Jenaer Antifaschist sitzt seit Protest gegen »Akademikerball« in Österreichs Hauptstadt fest. Solidaritätsgruppen fordern Rücktritt des Polizeipräsidenten
Von John Lütten
Die Polizei hatte eigens eine Sperrzone und ein »Schalverbot« verhängt: Bei antifaschistischen Protesten gegen den »Wiener Akademikerball« waren am 24. Januar nach Rangeleien mit den Einsatzkräften 14 Personen festgenommen worden. Zwei Wochen später sind alle wieder auf freien Fuß – bis auf einen jungen Aktivisten aus Thüringen, der wegen »Verdunklungsgefahr« noch immer in Untersuchungshaft sitzt. Sowohl Bekannten als auch dem Anwalt des 23jährigen soll der Kontakt zu ihm bislang erschwert worden sein – zudem seien keine konkreten Tatvorwürfe mitgeteilt worden, werfen Unterstützergruppen aus Wien und Jena den Strafverfolgungsbehörden vor. Am Montag steht ein neuer Termin zur Haftprüfung an. Österreichischen Medien teilte die Staatsanwaltschaft mit, daß die U-Haft wegen Körperverletzung, Sachbeschädigung, Angriff auf einen Polizisten und Landfriedensbruch verhängt worden sei. Auch von »Rädelsführerschaft« war die Rede. Nicht das Fest der Rechten, sondern angereiste Antifaschisten aus Deutschland scheinen für österreichische Medien wie den KURIER das Problem zu sein.
Der »Akademikerball« ist seit jeher eine der wichtigsten Festveranstaltungen der österreichischen Rechten und ihrer Studentenverbindungen. Selbsternannte Leistungsträger und jene, die es werden wollen, versammeln sich hier mit Pomp und Pathos zum jährlichen Stelldichein. Das Publikum reicht vom konservativen Unternehmertum bis zum rechten Flügel schlagender Verbindungen, das Fest gilt zugleich als Vernetzungstreffen extrem rechter und rechtspopulistischer Parteien aus ganz Europa. Bis 2012 hieß er »Wiener Korporationsball«, seit letztem Jahr organisiert ihn die Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) unter neuem Namen. Rund 400 Teilnehmer sollen es dieses Jahr gewesen sein. Presse war auf dem Fest keine zugelassen – die Reichen, die Rechten und die Schönen wollten unter sich bleiben.
Parallel demonstrierten knapp 6000 Antifaschisten in der Wiener Innenstadt gegen den Ball (jW berichtete). Die Polizei hatte eigens eine Sperrzone eingerichtet und ein »Schalverbot« ausgesprochen. Bei Zusammenstößen zwischen Demonstranten und der Polizei kam es zu Sachbeschädigungen und 14 Festnahmen. Die sozialdemokratische SPÖ, Grüne und der Wiener Bürgermeister üben scharfe Kritik am harten Vorgehen der Polizei. Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) hingegen ließ verlauten, der Einsatz sei »vorbildlich« verlaufen. In Wien forderten am Freitag Demonstranten den Rücktritt des Polizeipräsidenten und ehemaligen Burschenschaftlers Gerhard Pürstl.
Unter den Festgenommenen war auch der junge Antifaschist aus Thüringen, der von seinem Recht auf Aussageverweigerung Gebrauch machte und nun seit fast zwei Wochen in Wien in Untersuchungshaft sitzt. »Es steht zu befürchten, daß an Josef ein Exempel statuiert werden soll und er als Sündenbock für die Eskalation der Proteste herhalten muß«, heißt es in einer Stellungnahme der Jugendorganisation »Die Falken« aus Jena. »Dieser Eindruck wird noch verschärft durch eine stimmungsmachende Berichterstattung, wo bereits jetzt von ihm als einem vermeintlichen ›Rädelsführer‹ gesprochen wird«.
Nach Einschätzung der »Roten Hilfe Jena« ist nicht auszuschließen, daß mit dem Vorwurf der Rädelsführerschaft auch noch weitere Antifaschisten belangt werden sollen. In Wien und Jena haben sich nun Unterstützerinitiativen gegründet, linke Gruppen aus anderen Städten bekunden ihre Solidarität mit dem kriminalisierten Antifaschisten. Für kommenden Montag vormittag wurde ein neuer Termin zur Prüfung der Untersuchungshaft anberaumt. Unter dem Motto »Freiheit für Josef« findet in Jena ab 10 Uhr eine Solidaritätskundgebung am Johannistor statt.
Weitere Informationen: soli2401.blogsport.eu
jw