Mietenwahnsinn Hamburg
von Max Bryan
Wohnungsmarkt Hamburg - Ergebnis einer Zimmersuche
In Hamburg ein Zimmer zu suchen, weckt zuweilen düstere Erinnerungen an Zeiten vor 4 Jahren, als ich noch ohne Wohnung mit Rucksack und Isomatte durch die Stadt irrte und nach gut 50 Versuchen eine Wohnung zu finden schließlich aufgab, weil andere immer schneller waren als ich und die Armut mir schon aus den Poren triefte.
Vorbericht hier:
www.facebook.com/notes/max-bryan/heute-vor-4-jahren/747187385299179
Und hier:
www.facebook.com/notes/max-bryan/ergebnis-zimmersuche-hamburg/750396828311568
Ein Erlebnisbericht
Inzwischen hat das Blatt sich gewendet und vieles ist heute anders. Anders als damals habe ich heute ein kleines Einkommen und kann für eine Bleibe auch was zahlen. Nicht viel, aber auch mehr als nichts und es gibt durchaus Menschen, die ein Herz für bärtige Zausel haben, die nicht vorurteilsbeladen gleich abwinken, nur weil man nicht ins Schema passt.
Angebote online suchen
Wer eine Bleibe übers Internet sucht, hat reichlich Auswahl. Suchportale wie "wg-gesucht.de" oder "airbnb.de" bieten Zimmer satt und auch zum günstigen Preis, aber auch die muss man erst einmal bekommen. Teilweise liegen die Preise auch über Hostel-Niveau, weshalb nicht jeder dort fündig wird, der eine Einzelunterbringung für schmales Geld sucht.
400 Euro für ein Hochbett
Auch die einschlägig bekannten Immobilienportale - Namen hier nicht genannt - fördern Unverschämtes zu Tage. 400 Euro für ein sogenanntes "Wohnklo" (ein Minizimmer mit Toilette) sind keine Seltenheit und wieder regelt die Nachfrage den Preis. Wer in Hamburg wohnen will frisst oder stirbt oder zieht am besten gar nicht erst her. Letzteres habe ich mir längst aus dem Kopf geschlagen und doch brauche ich vorübergehend eine Bleibe in der Stadt. Noch bis Ende März habe ich in Hamburg zu tun und brauchte dringend eine Unterkunft.
Hostels kaum für Selbstversorger
Auch die Hostels bieten günstige Preise. In einer Bettenburg wie dem AO-Hostel geht das schon ab 10.- EUR, wirklich allein ist man da aber nie und um´s allein sein ging es mir. Ich suchte also ein Zimmer, dass ich hinter mir auch abschließen kann und wo ich die nötige Ruhe auch zum schreiben finde. Etwas mit Schreibtisch und für Selbstversorger. Wußten Sie, dass es in ganz Hamburg nur drei Hostels gibt, die auch eine Gäste-Küche mit Kühlschrank besitzen? Wer da nicht unterkommt, muss jeden Tag einkaufen und wer die Lauferei nicht haben will, muss was anderes finden.
Maximum-Stay und Checkin nicht für Hamburger
In einem dieser Hostels mit Küche und Kühlschrank habe ich gut 3 Wochen gelebt. Danach hieß es "raus", "Maximum-Stay überschritten", d.h. der Chef dieses Hostels (ich nenne jetzt keine Namen) checkt weder Leute aus Hamburg ein, noch will er Leute von anderswo länger als 3 Wochen bei sich haben. "Das wird uns zu nah", will heißen, bloß nicht anfreunden, die Leute könnten ja für immer bleiben. Dass sie damit durchaus gutes Geld verdienen (würden), scheint nicht zu interessieren und schon geht die Suche weiter.
Arbeitsbesuch
Wie einige wissen, bin ich seit November in Hamburg zwecks Berichterstattung zu verschiedenen Themen und Projekten und wann immer ich Hamburg besuche, stehe ich vor dem selben Dilemma wie damals, als ich händeringend nach einer Wohnung suchte. Drei Jahre ist das jetzt her und seit damals hat sich kaum etwas geändert, was den Hamburger Mietenwahnsinn betrifft. Selbst WG-Zimmer sind kaum unter 300 EUR zu haben. Viel Geld und ich denke, es muss auch anders gehen.
Gästezimmer von Privat
Schon im Vorfeld meines Besuchs hatte ich tausende E-Mails verschickt. Jeder, mit dem ich auch nur annähernd irgendwann mal zu tun hatte, bekam meinen Aufruf und ich gebe zu, es war auch ein Experiment.
Ich wollte wissen, wer von meinen 1000 Facebook-Freunden bereit wäre mich befristet bei sich aufzunehmen.. Einige verfolgen den Werdegang meines Blogs von Beginn an und waren alle auch informiert, konnte irgendwer helfen?
1000 E-Mails an Freunde
Die meisten haben selbst Probleme und waren sehr traurig darüber, nicht helfen zu können. Andere haben gar nicht erst reagiert und so schwankt mein Fazit zwischen Freude und Enttäuschung.
Freude über drei Rückmeldungen aus dem RAS-Verteiler ("Recht-auf-Stadt"-Verteiler) und Enttäuschung über gewisse Leute aus dem Umfeld derer, die ich zuletzt - mit meiner Berichterstattung - noch sehr unterstützt hatte. Nicht einer dieser (speziellen) Personen hatte sich am Ende zurück gemeldet. Das fand ich sehr frustrierend.
Gängeviertel so nett
Ganz liebe Menschen traf ich dann im Gängeviertel. "Jürgen" zum Beispiel, der eine kleine Teestube im Herzen der pittoresken Künstlergemeinde betreibt und auch Jürgen hat ein Herz für bärtige Zausel. Gerne bietet er mir sein Büro an. Es ist nur sehr klein und spartanisch eingerichtet, aber ein Ort wo man tagsüber sein kann und mit dem Schlafen - na ja, das ist auch im Gängeviertel ein Problem.
Seit 2009 besetzt
Das seit 22. August 2009 besetzte Gängeviertel sollte ursprünglich verkauft und abgerissen werden. Dank der Initiative zahlreicher Künstler konnte das Viertel gerettet werden und soll binnen 8 Jahren für rund 20 Millionen Euro saniert werden.
www.das-gaengeviertel.info
Entstehen sollen dann vor allem preisgünstige Wohnungen, Künstlerateliers und Gewerberäume. Eine von den örtlichen Künstlern gegründete Genossenschaft soll die Häuser nach der Sanierung verwalten.
Rettung in letzter Not
Das rettende Angebot kam dann schließlich von Leuten, die selbst kaum was haben. Eine Frau aus Lüneburg bot mir ihr Zimmer sogar kostenfrei an. Es ist die selbe Frau, die neulich beim Verteilen der Kleiderspenden half und sie ist auch die Schwester eines guten Freundes und ihm zu helfen wird unser nächstes gemeinsames Projekt.
Ein Zimmer mit Schreibtisch
Entschieden habe ich mich dann für eines der Angebote aus Hamburg, denn um zu schaffen was jetzt noch zu erledigen ist, brauche ich jede Stunde direkt hier vor Ort und die Zeit drängt. Bis spätestens Ende März muss ich zurück sein - zurück auf den Gartenhof, denn eigentlich soll ich ein Buch schreiben und es ist meine Existenz, da geht es um alles.
Hier der Rückblick:
www.facebook.com/notes/max-bryan/habe-vertrag-schreibe-buch/624081054276480
Ich danke allen Chancengebern dieser Stadt und dieser Welt. Möge dieser Wille guten Herzens allen zu Teil werden, die heute noch auf der Straße leben.
Max Bryan
10. März 2014
www.maxbryan.com
scharf-links.de
von Max Bryan
Wohnungsmarkt Hamburg - Ergebnis einer Zimmersuche
In Hamburg ein Zimmer zu suchen, weckt zuweilen düstere Erinnerungen an Zeiten vor 4 Jahren, als ich noch ohne Wohnung mit Rucksack und Isomatte durch die Stadt irrte und nach gut 50 Versuchen eine Wohnung zu finden schließlich aufgab, weil andere immer schneller waren als ich und die Armut mir schon aus den Poren triefte.
Vorbericht hier:
www.facebook.com/notes/max-bryan/heute-vor-4-jahren/747187385299179
Und hier:
www.facebook.com/notes/max-bryan/ergebnis-zimmersuche-hamburg/750396828311568
Ein Erlebnisbericht
Inzwischen hat das Blatt sich gewendet und vieles ist heute anders. Anders als damals habe ich heute ein kleines Einkommen und kann für eine Bleibe auch was zahlen. Nicht viel, aber auch mehr als nichts und es gibt durchaus Menschen, die ein Herz für bärtige Zausel haben, die nicht vorurteilsbeladen gleich abwinken, nur weil man nicht ins Schema passt.
Angebote online suchen
Wer eine Bleibe übers Internet sucht, hat reichlich Auswahl. Suchportale wie "wg-gesucht.de" oder "airbnb.de" bieten Zimmer satt und auch zum günstigen Preis, aber auch die muss man erst einmal bekommen. Teilweise liegen die Preise auch über Hostel-Niveau, weshalb nicht jeder dort fündig wird, der eine Einzelunterbringung für schmales Geld sucht.
400 Euro für ein Hochbett
Auch die einschlägig bekannten Immobilienportale - Namen hier nicht genannt - fördern Unverschämtes zu Tage. 400 Euro für ein sogenanntes "Wohnklo" (ein Minizimmer mit Toilette) sind keine Seltenheit und wieder regelt die Nachfrage den Preis. Wer in Hamburg wohnen will frisst oder stirbt oder zieht am besten gar nicht erst her. Letzteres habe ich mir längst aus dem Kopf geschlagen und doch brauche ich vorübergehend eine Bleibe in der Stadt. Noch bis Ende März habe ich in Hamburg zu tun und brauchte dringend eine Unterkunft.
Hostels kaum für Selbstversorger
Auch die Hostels bieten günstige Preise. In einer Bettenburg wie dem AO-Hostel geht das schon ab 10.- EUR, wirklich allein ist man da aber nie und um´s allein sein ging es mir. Ich suchte also ein Zimmer, dass ich hinter mir auch abschließen kann und wo ich die nötige Ruhe auch zum schreiben finde. Etwas mit Schreibtisch und für Selbstversorger. Wußten Sie, dass es in ganz Hamburg nur drei Hostels gibt, die auch eine Gäste-Küche mit Kühlschrank besitzen? Wer da nicht unterkommt, muss jeden Tag einkaufen und wer die Lauferei nicht haben will, muss was anderes finden.
Maximum-Stay und Checkin nicht für Hamburger
In einem dieser Hostels mit Küche und Kühlschrank habe ich gut 3 Wochen gelebt. Danach hieß es "raus", "Maximum-Stay überschritten", d.h. der Chef dieses Hostels (ich nenne jetzt keine Namen) checkt weder Leute aus Hamburg ein, noch will er Leute von anderswo länger als 3 Wochen bei sich haben. "Das wird uns zu nah", will heißen, bloß nicht anfreunden, die Leute könnten ja für immer bleiben. Dass sie damit durchaus gutes Geld verdienen (würden), scheint nicht zu interessieren und schon geht die Suche weiter.
Arbeitsbesuch
Wie einige wissen, bin ich seit November in Hamburg zwecks Berichterstattung zu verschiedenen Themen und Projekten und wann immer ich Hamburg besuche, stehe ich vor dem selben Dilemma wie damals, als ich händeringend nach einer Wohnung suchte. Drei Jahre ist das jetzt her und seit damals hat sich kaum etwas geändert, was den Hamburger Mietenwahnsinn betrifft. Selbst WG-Zimmer sind kaum unter 300 EUR zu haben. Viel Geld und ich denke, es muss auch anders gehen.
Gästezimmer von Privat
Schon im Vorfeld meines Besuchs hatte ich tausende E-Mails verschickt. Jeder, mit dem ich auch nur annähernd irgendwann mal zu tun hatte, bekam meinen Aufruf und ich gebe zu, es war auch ein Experiment.
Ich wollte wissen, wer von meinen 1000 Facebook-Freunden bereit wäre mich befristet bei sich aufzunehmen.. Einige verfolgen den Werdegang meines Blogs von Beginn an und waren alle auch informiert, konnte irgendwer helfen?
1000 E-Mails an Freunde
Die meisten haben selbst Probleme und waren sehr traurig darüber, nicht helfen zu können. Andere haben gar nicht erst reagiert und so schwankt mein Fazit zwischen Freude und Enttäuschung.
Freude über drei Rückmeldungen aus dem RAS-Verteiler ("Recht-auf-Stadt"-Verteiler) und Enttäuschung über gewisse Leute aus dem Umfeld derer, die ich zuletzt - mit meiner Berichterstattung - noch sehr unterstützt hatte. Nicht einer dieser (speziellen) Personen hatte sich am Ende zurück gemeldet. Das fand ich sehr frustrierend.
Gängeviertel so nett
Ganz liebe Menschen traf ich dann im Gängeviertel. "Jürgen" zum Beispiel, der eine kleine Teestube im Herzen der pittoresken Künstlergemeinde betreibt und auch Jürgen hat ein Herz für bärtige Zausel. Gerne bietet er mir sein Büro an. Es ist nur sehr klein und spartanisch eingerichtet, aber ein Ort wo man tagsüber sein kann und mit dem Schlafen - na ja, das ist auch im Gängeviertel ein Problem.
Seit 2009 besetzt
Das seit 22. August 2009 besetzte Gängeviertel sollte ursprünglich verkauft und abgerissen werden. Dank der Initiative zahlreicher Künstler konnte das Viertel gerettet werden und soll binnen 8 Jahren für rund 20 Millionen Euro saniert werden.
www.das-gaengeviertel.info
Entstehen sollen dann vor allem preisgünstige Wohnungen, Künstlerateliers und Gewerberäume. Eine von den örtlichen Künstlern gegründete Genossenschaft soll die Häuser nach der Sanierung verwalten.
Rettung in letzter Not
Das rettende Angebot kam dann schließlich von Leuten, die selbst kaum was haben. Eine Frau aus Lüneburg bot mir ihr Zimmer sogar kostenfrei an. Es ist die selbe Frau, die neulich beim Verteilen der Kleiderspenden half und sie ist auch die Schwester eines guten Freundes und ihm zu helfen wird unser nächstes gemeinsames Projekt.
Ein Zimmer mit Schreibtisch
Entschieden habe ich mich dann für eines der Angebote aus Hamburg, denn um zu schaffen was jetzt noch zu erledigen ist, brauche ich jede Stunde direkt hier vor Ort und die Zeit drängt. Bis spätestens Ende März muss ich zurück sein - zurück auf den Gartenhof, denn eigentlich soll ich ein Buch schreiben und es ist meine Existenz, da geht es um alles.
Hier der Rückblick:
www.facebook.com/notes/max-bryan/habe-vertrag-schreibe-buch/624081054276480
Ich danke allen Chancengebern dieser Stadt und dieser Welt. Möge dieser Wille guten Herzens allen zu Teil werden, die heute noch auf der Straße leben.
Max Bryan
10. März 2014
www.maxbryan.com
scharf-links.de