Chaos ohne Ende
Der Bau des Hauptstadtflughafens BER kommt nicht voran. Es folgt Absage auf Absage
Von Benedict Ugarte Chacón
Einen weiteren vorläufigen Höhepunkt hat die Reihe von Absagen und Verschiebungen am 20. Februar mit der Bekanntgabe erreicht, daß der für Juli dieses Jahres angekündigte »Testbetrieb« am Nordpier des Flughafens Berlin Brandenburg (BER) nicht stattfinden könne. Eigentlich, so der von Flughafengeschäftsführer Hartmut Mehdorn verfolgte Plan, sollten am Nordpier mit wenigen Flugzeugen pro Tag die technischen Abläufe des neuen Flughafens ausprobiert werden. Hierzu wären rund fünf Millionen Euro an zusätzlichem Finanzaufwand erforderlich. Der Aufsichtsrat, der diese Maßnahme hätte genehmigen müssen, war wohl bis zum Schluß nicht überzeugt von Mehdorns Plänen. Dieser wandte sich Ende Februar in einem Brief an die Flughafenmitarbeiter und beklagte sich über die mangelnde Unterstützung des Gremiums.
In einem vom Berliner Tagesspiegel veröffentlichten Brief Mehdorns vom 18. Februar an den Regierenden Bürgermeister von Berlin und Aufsichtsratsvorsitzenden der Flughafengesellschaft, Klaus Wowereit (SPD), heißt es: »Wir hatten Ihnen das Konzept für den Testbetrieb am Pier Nord im Aufsichtsrat vorgetragen und um Ihre grundsätzliche Zustimmung gebeten. Diese Maßnahme hat trotz unserer Bemühungen im Aufsichtsrat keine breite und offene Zustimmung gefunden.« Zudem sei das Gremium mitverantwortlich für das erneute Terminchaos. Weil eine vorgesehene Sondersitzung am 17. Februar ausgefallen war, habe auch der Testbetrieb nicht rechtzeitig genehmigt werden können. Ohne Genehmigung aber habe die Flughafengesellschaft notwendige Bestellungen nicht aufgeben können, so daß der geplante Termin für den Testbetrieb nicht mehr zu halten sei.
Am 24. Februar nun erfolgte die Absage der Sanierung der sogenannten Nordbahn. Dabei handelt es sich um die Start- und Landebahn des noch im Betrieb stehenden Flughafens Schönefeld, die nach dessen Schließung vom BER weiter genutzt werden soll. Ab dem 1. Juli sollte die Bahn saniert werden, der Flugverkehr sollte über die neue BER-Südbahn abgewickelt werden. Daß die Sanierung nicht erfolgen kann, liegt laut Mehdorn nicht in seiner Verantwortung, sondern in der der Brandenburger Behörden. Diese hätten erst vor kurzem neue Auflagen zum Schallschutz der betroffenen Anwohner erlassen. Zudem hätte die Flughafengesellschaft nicht damit gerechnet, daß den Anwohnern eine sechsmonatige Frist zum Einbau von Schallschutzfenstern gewährt würde. Man sei bislang davon ausgegangen, daß dies nur für einen Vollbetrieb des Flughafens gelte und nicht für die zeitweise Nutzung der Südbahn. Was dieses Manöver zu bedeuten hat, kann wohl nur Mehdorn selbst erklären. Denn eigentlich sollte anzunehmen sein, daß die geltende Rechtslage auch der Flughafengesellschaft bekannt ist, wonach die BER-Anwohner nun mal ein Recht auf Schallschutz haben, wenn Flugzeuge starten und landen.
Am 28. Februar fand im Roten Rathaus ein vertrauliches Treffen zwischen Mehdorn, Wowereit, dem Brandenburger Ministerpräsidenten Dietmar Woidke (SPD) und dem Staatssekretär im Bundesbauministerium, Rainer Bomba (CDU), statt. Dabei sollten laut Wowereit die »Dissonanzen« der vergangenen Tage erörtert werden. Das öffentlich verkündete Ergebnis des mehrstündigen Treffens ist allerdings recht mager: Die Anteilseigner halten an Mehdorn fest und können über einen Inbetriebnahmetermin immer noch nichts sagen. »Herr Mehdorn hat unser Vertrauen. Und er ackert mit allen Kräften, daß tatsächlich dieses Projekt zum Erfolg geführt wird«, sagte Wowereit nach dem Ende des Treffens. Mehdorn geht mittlerweile von einer weiteren Kostensteigerung auf mehr als fünf Milliarden Euro für den Flughafenbau aus. Ob diese Angaben Hand und Fuß haben, ist derzeit zumindest öffentlich nicht bekannt. Die Flughafengesellschaft war bislang nicht in der Lage, ein mehrfach angekündigtes Finanzkonzept vorzulegen. Wobei das Wort »Finanzkonzept« sehr beschönigend ist. Ohne die Finanzspritze von 1,2 Milliarden Euro, die die drei Anteilseigner Ende 2012 vornahmen, wäre die Flughafengesellschaft schon längst pleite. Auch dieses »Konzept« wird wohl darin bestehen, den neuen Finanzierungsbedarf zu benennen, für den die öffentliche Hand wieder aufkommen soll, um den Flughafen erneut zu retten. Allein der Betrieb der Baustelle soll jeden Monat 17 Millionen Euro kosten. Um den BER scheint es weitaus schlimmer zu stehen, als bisher öffentlich zugegeben wird. Anders ist nicht zu erklären, daß seit der Verschiebung der Inbetriebnahme im Mai 2012 immer noch nicht klar zu sein scheint, wie viele und vor allem welche Mängel beseitigt werden müssen. Doch auch mit einer Inbetriebnahme hätten sich die Probleme des BER keinesfalls erledigt. Völlig unklar sind nach wie vor die Gesamtkosten des Projekts, die auch die Finanzierungskosten einschließen, und es ist offen, ob der Flughafen überhaupt jemals so wirtschaftlich sein wird, daß er diese Kosten wieder einspielt.
jw
Der Bau des Hauptstadtflughafens BER kommt nicht voran. Es folgt Absage auf Absage
Von Benedict Ugarte Chacón
Einen weiteren vorläufigen Höhepunkt hat die Reihe von Absagen und Verschiebungen am 20. Februar mit der Bekanntgabe erreicht, daß der für Juli dieses Jahres angekündigte »Testbetrieb« am Nordpier des Flughafens Berlin Brandenburg (BER) nicht stattfinden könne. Eigentlich, so der von Flughafengeschäftsführer Hartmut Mehdorn verfolgte Plan, sollten am Nordpier mit wenigen Flugzeugen pro Tag die technischen Abläufe des neuen Flughafens ausprobiert werden. Hierzu wären rund fünf Millionen Euro an zusätzlichem Finanzaufwand erforderlich. Der Aufsichtsrat, der diese Maßnahme hätte genehmigen müssen, war wohl bis zum Schluß nicht überzeugt von Mehdorns Plänen. Dieser wandte sich Ende Februar in einem Brief an die Flughafenmitarbeiter und beklagte sich über die mangelnde Unterstützung des Gremiums.
In einem vom Berliner Tagesspiegel veröffentlichten Brief Mehdorns vom 18. Februar an den Regierenden Bürgermeister von Berlin und Aufsichtsratsvorsitzenden der Flughafengesellschaft, Klaus Wowereit (SPD), heißt es: »Wir hatten Ihnen das Konzept für den Testbetrieb am Pier Nord im Aufsichtsrat vorgetragen und um Ihre grundsätzliche Zustimmung gebeten. Diese Maßnahme hat trotz unserer Bemühungen im Aufsichtsrat keine breite und offene Zustimmung gefunden.« Zudem sei das Gremium mitverantwortlich für das erneute Terminchaos. Weil eine vorgesehene Sondersitzung am 17. Februar ausgefallen war, habe auch der Testbetrieb nicht rechtzeitig genehmigt werden können. Ohne Genehmigung aber habe die Flughafengesellschaft notwendige Bestellungen nicht aufgeben können, so daß der geplante Termin für den Testbetrieb nicht mehr zu halten sei.
Am 24. Februar nun erfolgte die Absage der Sanierung der sogenannten Nordbahn. Dabei handelt es sich um die Start- und Landebahn des noch im Betrieb stehenden Flughafens Schönefeld, die nach dessen Schließung vom BER weiter genutzt werden soll. Ab dem 1. Juli sollte die Bahn saniert werden, der Flugverkehr sollte über die neue BER-Südbahn abgewickelt werden. Daß die Sanierung nicht erfolgen kann, liegt laut Mehdorn nicht in seiner Verantwortung, sondern in der der Brandenburger Behörden. Diese hätten erst vor kurzem neue Auflagen zum Schallschutz der betroffenen Anwohner erlassen. Zudem hätte die Flughafengesellschaft nicht damit gerechnet, daß den Anwohnern eine sechsmonatige Frist zum Einbau von Schallschutzfenstern gewährt würde. Man sei bislang davon ausgegangen, daß dies nur für einen Vollbetrieb des Flughafens gelte und nicht für die zeitweise Nutzung der Südbahn. Was dieses Manöver zu bedeuten hat, kann wohl nur Mehdorn selbst erklären. Denn eigentlich sollte anzunehmen sein, daß die geltende Rechtslage auch der Flughafengesellschaft bekannt ist, wonach die BER-Anwohner nun mal ein Recht auf Schallschutz haben, wenn Flugzeuge starten und landen.
Am 28. Februar fand im Roten Rathaus ein vertrauliches Treffen zwischen Mehdorn, Wowereit, dem Brandenburger Ministerpräsidenten Dietmar Woidke (SPD) und dem Staatssekretär im Bundesbauministerium, Rainer Bomba (CDU), statt. Dabei sollten laut Wowereit die »Dissonanzen« der vergangenen Tage erörtert werden. Das öffentlich verkündete Ergebnis des mehrstündigen Treffens ist allerdings recht mager: Die Anteilseigner halten an Mehdorn fest und können über einen Inbetriebnahmetermin immer noch nichts sagen. »Herr Mehdorn hat unser Vertrauen. Und er ackert mit allen Kräften, daß tatsächlich dieses Projekt zum Erfolg geführt wird«, sagte Wowereit nach dem Ende des Treffens. Mehdorn geht mittlerweile von einer weiteren Kostensteigerung auf mehr als fünf Milliarden Euro für den Flughafenbau aus. Ob diese Angaben Hand und Fuß haben, ist derzeit zumindest öffentlich nicht bekannt. Die Flughafengesellschaft war bislang nicht in der Lage, ein mehrfach angekündigtes Finanzkonzept vorzulegen. Wobei das Wort »Finanzkonzept« sehr beschönigend ist. Ohne die Finanzspritze von 1,2 Milliarden Euro, die die drei Anteilseigner Ende 2012 vornahmen, wäre die Flughafengesellschaft schon längst pleite. Auch dieses »Konzept« wird wohl darin bestehen, den neuen Finanzierungsbedarf zu benennen, für den die öffentliche Hand wieder aufkommen soll, um den Flughafen erneut zu retten. Allein der Betrieb der Baustelle soll jeden Monat 17 Millionen Euro kosten. Um den BER scheint es weitaus schlimmer zu stehen, als bisher öffentlich zugegeben wird. Anders ist nicht zu erklären, daß seit der Verschiebung der Inbetriebnahme im Mai 2012 immer noch nicht klar zu sein scheint, wie viele und vor allem welche Mängel beseitigt werden müssen. Doch auch mit einer Inbetriebnahme hätten sich die Probleme des BER keinesfalls erledigt. Völlig unklar sind nach wie vor die Gesamtkosten des Projekts, die auch die Finanzierungskosten einschließen, und es ist offen, ob der Flughafen überhaupt jemals so wirtschaftlich sein wird, daß er diese Kosten wieder einspielt.
jw