Gefährlicher Streik
Südafrikas Bergarbeiter fordern 822 Euro Mindestlohn. Machtkampf erschüttert Gewerkschaft
Von Christian Selz
Die Maschinen an den größten Platinminen der Welt stehen still. Seit Donnerstag streiken im südafrikanischen Bergbaugürtel nahe der Stadt Rustenburg im Nordwesten des Landes rund 100000 Kumpel für einen Mindestlohn von 12500 südafrikanischen Rand (822 Euro). Die derzeitigen Einstiegsgehälter liegen teilweise bei nur 4000 Rand (263 Euro). Hinter dem Streik steht die radikale, unabhängige Association of Mineworkers and Construction Union (AMCU). Seit 2012 organisiert die Gewerkschaft in den Bergwerken der Platzhirsche Anglo American, Lonmin und Implats die Mehrheit der Arbeiter. Die einstmals mächtige National Union of Mineworkers (NUM), über den Gewerkschaftsbund COSATU Bündnispartner des regierenden African National Congress (ANC), will sich wie vor zwei Jahren nicht an den Streiks beteiligen.
Aber anders als damals kann die NUM seit dem 17. Januar auf einen Abschluß verweisen. Zwischen 9,8 und 11,8 Prozent hat sie mit einem zweieinhalbmonatigen Streik an der kleineren Northam-Platinmine erkämpft – allerdings nur für ihre Mitglieder. AMCU steht damit unter Druck, ebenfalls Ergebnisse zu erreichen. Doch gerade jetzt erschüttert ein interner Machtkampf die junge Gewerkschaft. Am vergangenen Sonntag hatte Gewerkschaftspräsident Joseph Mathunjwa acht Bergarbeiterführer der Selbstbereicherung und des Verrats bezichtigt. Einer der genannten wurde kurz darauf von einer Gruppe wütender Kumpel attackiert. Die von ihrem Präsidenten angegangenen Gewerkschafter wehrten sich schließlich am Montag auf einer Pressekonferenz und warfen Mathunjwa einen autoritären Führungsstil vor. Seine Spitzenclique habe den Aufbau demokratischer Strukturen in der AMCU verhindert. Den Streik unterstützen sie aber dennoch.
Die Ursachen liegen in der kurzen Geschichte der AMCU, die ihre Mitglieder zu großen Teilen aus lokalen Streikkomitees an den einzelnen Schächten rekrutiert hat. Für diese Arbeiter stehen ihre basisdemokratischen Gruppen noch immer über der rasant gewachsenen Organisation der AMCU. Viele von ihnen sind ehemalige NUM-Mitglieder, die sich von der staatstragenden und konzernnahen Gewerkschaftsführung verraten fühlten, ihre Skepsis gegenüber Funktionären ist noch immer stark ausgeprägt. Südafrikas Medien spekulieren daher bereits angeregt über eine erneute Spaltung der Bergarbeiterbewegung. Zumal die Aussichten auf schnelle Erfolge gering sind: Die Platindepots sind voll, der Weltmarktpreis derzeit nicht berauschend. Ein Streik in Südafrika, wo derzeit rund die Hälfte des weltweit geförderten Platins herkommt und 80 Prozent der globalen Reserven lagern, kommt den Konzernen nicht unbedingt ungelegen – erst recht, wenn er das Potential hat, die Arbeiterschaft weiter zu zersplittern.
jw
Südafrikas Bergarbeiter fordern 822 Euro Mindestlohn. Machtkampf erschüttert Gewerkschaft
Von Christian Selz
Die Maschinen an den größten Platinminen der Welt stehen still. Seit Donnerstag streiken im südafrikanischen Bergbaugürtel nahe der Stadt Rustenburg im Nordwesten des Landes rund 100000 Kumpel für einen Mindestlohn von 12500 südafrikanischen Rand (822 Euro). Die derzeitigen Einstiegsgehälter liegen teilweise bei nur 4000 Rand (263 Euro). Hinter dem Streik steht die radikale, unabhängige Association of Mineworkers and Construction Union (AMCU). Seit 2012 organisiert die Gewerkschaft in den Bergwerken der Platzhirsche Anglo American, Lonmin und Implats die Mehrheit der Arbeiter. Die einstmals mächtige National Union of Mineworkers (NUM), über den Gewerkschaftsbund COSATU Bündnispartner des regierenden African National Congress (ANC), will sich wie vor zwei Jahren nicht an den Streiks beteiligen.
Aber anders als damals kann die NUM seit dem 17. Januar auf einen Abschluß verweisen. Zwischen 9,8 und 11,8 Prozent hat sie mit einem zweieinhalbmonatigen Streik an der kleineren Northam-Platinmine erkämpft – allerdings nur für ihre Mitglieder. AMCU steht damit unter Druck, ebenfalls Ergebnisse zu erreichen. Doch gerade jetzt erschüttert ein interner Machtkampf die junge Gewerkschaft. Am vergangenen Sonntag hatte Gewerkschaftspräsident Joseph Mathunjwa acht Bergarbeiterführer der Selbstbereicherung und des Verrats bezichtigt. Einer der genannten wurde kurz darauf von einer Gruppe wütender Kumpel attackiert. Die von ihrem Präsidenten angegangenen Gewerkschafter wehrten sich schließlich am Montag auf einer Pressekonferenz und warfen Mathunjwa einen autoritären Führungsstil vor. Seine Spitzenclique habe den Aufbau demokratischer Strukturen in der AMCU verhindert. Den Streik unterstützen sie aber dennoch.
Die Ursachen liegen in der kurzen Geschichte der AMCU, die ihre Mitglieder zu großen Teilen aus lokalen Streikkomitees an den einzelnen Schächten rekrutiert hat. Für diese Arbeiter stehen ihre basisdemokratischen Gruppen noch immer über der rasant gewachsenen Organisation der AMCU. Viele von ihnen sind ehemalige NUM-Mitglieder, die sich von der staatstragenden und konzernnahen Gewerkschaftsführung verraten fühlten, ihre Skepsis gegenüber Funktionären ist noch immer stark ausgeprägt. Südafrikas Medien spekulieren daher bereits angeregt über eine erneute Spaltung der Bergarbeiterbewegung. Zumal die Aussichten auf schnelle Erfolge gering sind: Die Platindepots sind voll, der Weltmarktpreis derzeit nicht berauschend. Ein Streik in Südafrika, wo derzeit rund die Hälfte des weltweit geförderten Platins herkommt und 80 Prozent der globalen Reserven lagern, kommt den Konzernen nicht unbedingt ungelegen – erst recht, wenn er das Potential hat, die Arbeiterschaft weiter zu zersplittern.
jw