Nicht nur Frauensache
8. März in Berlin: Größte Demonstration seit 20 Jahren
Von Elsa Koester
Eine neue feministische Offensive startete am Samstag in Berlin: Über 5000 Menschen beteiligten sich an der bundesweiten Demonstration unter dem Titel »Still lovin’ feminism« zum Frauenkampftag. Auf Regenschirmen, Transparenten und selbstgebastelten Schildern forderten die Demonstranten das Recht von Frauen auf körperliche und sexuelle Selbstbestimmung und die ökonomische Gleichstellung der Geschlechter ein. Erstmals beteiligten sich auch viele Männer an der Demonstration. Aufgerufen hatte ein breites linkes Bündnis aus Fraueninitiativen, queeren, migrantischen und antikapitalistischen Gruppen, Gewerkschaften und Parteien.
Die breite Vielfalt aktueller feministischer Kämpfe zeigte sich bereits auf der Auftaktkundgebung. So kritisierten Sprecher des »Inter- und Trans-Blocks«, daß die spezifische Diskriminierung transsexueller Menschen im Aufruf des Bündnisses keine Berücksichtigung gefunden hätte. Sie wiesen auf die Gewalt hin, die intersexuellen Menschen weltweit angetan werde, wie Zwangsoperationen an Kindern zur Vereinheitlichung des Geschlechts.
Die feministische Initiative »Women in Exile« thematisierte die Bedingungen, unter denen nach Europa geflüchtete Frauen in Lagern leben müssen, ohne Privatsphäre und ohne Möglichkeiten der Kinderbetreuung. Für ihr Engagement gegen die Unterbringung von Frauen in Flüchtlingslagern wurde die Initiative bereits am Vorabend mit dem Clara-Zetkin-Frauenpreis der Partei Die Linke ausgezeichnet. Elisabeth Ngari, eine der Mitbegründerinnen von »Women in Exile«, forderte die regierende Linkspartei in Brandenburg auf, nun auch konkrete Schritte gegen diese Form der Unterbringung zu unternehmen.
Zu der Demonstration mobilisiert hatte auch eine Gruppe spanischer Emigrantinnen aus der »15M«-Bewegung gegen die Krisenpolitik spanischer Regierungsparteien, die während der sozialen Proteste der Jahre 2011 und 2012 entstanden war. Aus Solidarität mit dem Kampf gegen die Verschärfung des Gesetzes zu Schwangerschaftsabbrüchen in Spanien hielten sie Schilder mit den Worten »My body, my choice!« hoch (»Mein Körper, meine Entscheidung!«). Die rechtskonservative »Partido Popular« hat in Spanien einen Gesetzesentwurf eingebracht, der Schwangerschaftsabbrüche nur noch im Falle einer Vergewaltigung oder bei einer Gesundheitsgefährdung der werdenden Mutter erlauben soll. Tausende Menschen demonstrierten im Februar in Madrid gegen diesen Angriff auf die körperliche Selbstbestimmung von Frauen.
Daß die Unterschiedlichkeit von feministischen Ansätzen auch zu harten Widersprüchen führen kann, wurde bei einer Auseinandersetzung um Sexarbeit deutlich. Prostitutionsgegnerinnen verteilten Flyer, auf denen bezahlte Sexarbeit als »sexistische Ausbeutung«, »verklemmter Schrott früherer Jahrhunderte« und als »Gewalt gegen Frauen« bezeichnet wurde. Auf Höhe des Blocks der Sexarbeiterinnen kam es zu lautstarken Auseinandersetzungen. Auf Regenschirmen forderten diese, Sexarbeit als Lohnarbeit anzuerkennen. Lautstark skandierten sie »Sexwork goes deeper!«. Die Prostitutionsgegnerinnen zogen sich zurück.
»Es gibt nicht nur den einen Feminismus – er ist eben in Bewegung«, sagte Friederike Benda auf der Abschlußkundgebung. Die Bündnissprecherin rief dazu auf, die verschiedenen Stoßrichtungen feministischer Kämpfe für die gemeinsame Organisierung zu nutzen.
Kerstin Wolter von der Studierendenorganisation SDS gab sich gegenüber junge Welt mit der Teilnahme an der Demonstration sehr zufrieden: »Es haben etliche unterschiedliche Initiativen und Organisationen an der Demonstration teilgenommen, die sich im Vorfeld noch gar nicht am Bündnis beteiligt hatten. Das zeigt uns: Dieser 8. März kann nur ein Anfang sein, es geht um eine neue feministische Offensive.« Ob von dem Bündnis auch vor dem Frauenkampftag 2015 weitere Aktionen zu erwarten seien, ließ Wolter noch offen.
Auf dem Rosa-Luxemburg-Platz wurde die größte zentrale Demonstration zum Frauenkampftag seit zwanzig Jahren noch bis in die Abendstunden mit Livemusik der Berliner HipHop-Künstlerin Sookee und der feministischen Rockband Doctorella gefeiert
jw
8. März in Berlin: Größte Demonstration seit 20 Jahren
Von Elsa Koester
Eine neue feministische Offensive startete am Samstag in Berlin: Über 5000 Menschen beteiligten sich an der bundesweiten Demonstration unter dem Titel »Still lovin’ feminism« zum Frauenkampftag. Auf Regenschirmen, Transparenten und selbstgebastelten Schildern forderten die Demonstranten das Recht von Frauen auf körperliche und sexuelle Selbstbestimmung und die ökonomische Gleichstellung der Geschlechter ein. Erstmals beteiligten sich auch viele Männer an der Demonstration. Aufgerufen hatte ein breites linkes Bündnis aus Fraueninitiativen, queeren, migrantischen und antikapitalistischen Gruppen, Gewerkschaften und Parteien.
Die breite Vielfalt aktueller feministischer Kämpfe zeigte sich bereits auf der Auftaktkundgebung. So kritisierten Sprecher des »Inter- und Trans-Blocks«, daß die spezifische Diskriminierung transsexueller Menschen im Aufruf des Bündnisses keine Berücksichtigung gefunden hätte. Sie wiesen auf die Gewalt hin, die intersexuellen Menschen weltweit angetan werde, wie Zwangsoperationen an Kindern zur Vereinheitlichung des Geschlechts.
Die feministische Initiative »Women in Exile« thematisierte die Bedingungen, unter denen nach Europa geflüchtete Frauen in Lagern leben müssen, ohne Privatsphäre und ohne Möglichkeiten der Kinderbetreuung. Für ihr Engagement gegen die Unterbringung von Frauen in Flüchtlingslagern wurde die Initiative bereits am Vorabend mit dem Clara-Zetkin-Frauenpreis der Partei Die Linke ausgezeichnet. Elisabeth Ngari, eine der Mitbegründerinnen von »Women in Exile«, forderte die regierende Linkspartei in Brandenburg auf, nun auch konkrete Schritte gegen diese Form der Unterbringung zu unternehmen.
Zu der Demonstration mobilisiert hatte auch eine Gruppe spanischer Emigrantinnen aus der »15M«-Bewegung gegen die Krisenpolitik spanischer Regierungsparteien, die während der sozialen Proteste der Jahre 2011 und 2012 entstanden war. Aus Solidarität mit dem Kampf gegen die Verschärfung des Gesetzes zu Schwangerschaftsabbrüchen in Spanien hielten sie Schilder mit den Worten »My body, my choice!« hoch (»Mein Körper, meine Entscheidung!«). Die rechtskonservative »Partido Popular« hat in Spanien einen Gesetzesentwurf eingebracht, der Schwangerschaftsabbrüche nur noch im Falle einer Vergewaltigung oder bei einer Gesundheitsgefährdung der werdenden Mutter erlauben soll. Tausende Menschen demonstrierten im Februar in Madrid gegen diesen Angriff auf die körperliche Selbstbestimmung von Frauen.
Daß die Unterschiedlichkeit von feministischen Ansätzen auch zu harten Widersprüchen führen kann, wurde bei einer Auseinandersetzung um Sexarbeit deutlich. Prostitutionsgegnerinnen verteilten Flyer, auf denen bezahlte Sexarbeit als »sexistische Ausbeutung«, »verklemmter Schrott früherer Jahrhunderte« und als »Gewalt gegen Frauen« bezeichnet wurde. Auf Höhe des Blocks der Sexarbeiterinnen kam es zu lautstarken Auseinandersetzungen. Auf Regenschirmen forderten diese, Sexarbeit als Lohnarbeit anzuerkennen. Lautstark skandierten sie »Sexwork goes deeper!«. Die Prostitutionsgegnerinnen zogen sich zurück.
»Es gibt nicht nur den einen Feminismus – er ist eben in Bewegung«, sagte Friederike Benda auf der Abschlußkundgebung. Die Bündnissprecherin rief dazu auf, die verschiedenen Stoßrichtungen feministischer Kämpfe für die gemeinsame Organisierung zu nutzen.
Kerstin Wolter von der Studierendenorganisation SDS gab sich gegenüber junge Welt mit der Teilnahme an der Demonstration sehr zufrieden: »Es haben etliche unterschiedliche Initiativen und Organisationen an der Demonstration teilgenommen, die sich im Vorfeld noch gar nicht am Bündnis beteiligt hatten. Das zeigt uns: Dieser 8. März kann nur ein Anfang sein, es geht um eine neue feministische Offensive.« Ob von dem Bündnis auch vor dem Frauenkampftag 2015 weitere Aktionen zu erwarten seien, ließ Wolter noch offen.
Auf dem Rosa-Luxemburg-Platz wurde die größte zentrale Demonstration zum Frauenkampftag seit zwanzig Jahren noch bis in die Abendstunden mit Livemusik der Berliner HipHop-Künstlerin Sookee und der feministischen Rockband Doctorella gefeiert
jw