Zermürbender Protest
Gewalttaten untereinander, Hilflosigkeit unter den Aktivisten und Streit mit deutschen Unterstützern stellen Flüchtlinge in Berlin vor große Probleme
Von Markus Bernhardt
Seit Oktober 2012 campieren Dutzende Flüchtlinge auf dem Oranienplatz im Berliner Bezirk Kreuzberg, um gegen die menschenunwürdige Asylpolitik der deutschen Bundesregierung und die rassistische Ausgrenzung zu protestieren. Ebenso halten sie seit November des gleichen Jahres die ehemalige Gerhart-Hauptmann-Schule in Kreuzberg besetzt. Bekamen die Flüchtlinge zu Beginn ihrer Proteste noch mehrheitlich die Zustimmung und Solidarität der Berliner Bevölkerung, mehren sich mittlerweile Beschwerden und Unverständnis. Selbst in der linken Szene der Stadt macht sich Unbehagen über die Zustände am Oranienplatz und vor allem in dem besetzt gehaltenen ehemaligen Schulgebäude breit. Öffentlich will sich niemand zu den Problemen äußern. Zu schwer wiegt offenbar die Sorge, als Teil des stetig wachsenden Chors der Flüchtlingskritiker wahrgenommen zu werden. Von Beginn der Besetzungen an war klar, daß es nicht gelingen würde, die deutschen Asylgesetze durch den berechtigten und in der Sache unterstützenswerten Widerstand zu kippen. Da von vornherein ein Plan B fehlte und die Flüchtlinge zum Teil auf falsche Freunde und selbsternannte Berater setzten, stehen sie nun vor dem Problem, sich in einem politischen Vakuum zu befinden, aus dem es so schnell kein Entrinnen gibt.
Mittlerweile wird die ehemalige Hauptmann-Schule von aus Afrika stammenden Flüchtlingen, Roma-Familien und Obdachlosen besetzt gehalten. Wieviele Personen sich insgesamt in dem Gebäude aufhalten, ist weder dem Bezirk noch der Polizei bekannt. Geschätzt wird die Zahl der Besetzer auf 250 bis 300 Personen. Ursprünglich sollte das Gebäude – wäre es nicht zu der Besetzung gekommen – als soziokulturelles Zentrum für Stadtteilinitiativen genutzt werden. Dies dürfte künftig kaum mehr möglich sein, sind die Innenräume doch mittlerweile nicht nur stark verschmutzt, sondern aufgrund von Zerstörungen kaum mehr bewohnbar.
Einzig der Drogenhilfeverein Fixpunkt befindet sich als regulärer Mieter noch in dem Haus. Klienten und Mitarbeiter des Vereins wurden in der Vergangenheit mehrfach aus dem besetzten Gebäude heraus attackiert. Als Konsequenz hatte Fixpunkt die Mietzahlungen an den Bezirk eingestellt und Gerüste vor seinen drei Eingangsbereichen aufstellen lassen, damit Besucher und Angestellte der Geschäftsstelle zukünftig nicht mehr mit Wurfgeschossen angegriffen werden können.
Knapp 50 Polizeieinsätze fanden seit November 2012 auf dem Gelände der ehemaligen Schule statt. Die wenigsten davon aufgrund von Lappalien. Meist ging es um Gewalttaten, wie etwa schwere Körperverletzungen, darunter viele Messerstechereien unter den Flüchtlingen selbst. In zwei Fällen ermittelt die Polizei wegen versuchten Mordes. Während besagte Vorfälle geeignet sind, in Teilen breiter Bevölkerungsschichten vorhandene rassistische Denkmuster zu verstärken, äußern sich deutsche Unterstützer der Flüchtlinge zu den besagten Vorfällen nur, indem sie die Polizei pauschal des Rassismus beschuldigen.
Die Flüchtlinge, deren Lebensumstände vollkommen menschenunwürdig und vor allem auch gesundheitsgefährdend sind, werden zunehmend als politischer Spielball mißbraucht. Derartige Vorwürfe hatten einige von ihnen bereits mehrfach erhoben, die das Camp freiwillig verlassen hatten und nun von der Arbeiterwohlfahrt (AWO) unterstützt werden. Vor wenigen Tagen kam es zu einem offenen Schlagabtausch zwischen Flüchtlingen und deutschen Unterstützern. Erstere bezichtigten die »Antirassistische Initiative« (ARI) Spendengelder in Höhe von mehreren tausend Euro veruntreut zu haben (jW berichtete). Die ARI wies diese Behauptungen in einer Erklärung entschieden zurück.
jw
Gewalttaten untereinander, Hilflosigkeit unter den Aktivisten und Streit mit deutschen Unterstützern stellen Flüchtlinge in Berlin vor große Probleme
Von Markus Bernhardt
Seit Oktober 2012 campieren Dutzende Flüchtlinge auf dem Oranienplatz im Berliner Bezirk Kreuzberg, um gegen die menschenunwürdige Asylpolitik der deutschen Bundesregierung und die rassistische Ausgrenzung zu protestieren. Ebenso halten sie seit November des gleichen Jahres die ehemalige Gerhart-Hauptmann-Schule in Kreuzberg besetzt. Bekamen die Flüchtlinge zu Beginn ihrer Proteste noch mehrheitlich die Zustimmung und Solidarität der Berliner Bevölkerung, mehren sich mittlerweile Beschwerden und Unverständnis. Selbst in der linken Szene der Stadt macht sich Unbehagen über die Zustände am Oranienplatz und vor allem in dem besetzt gehaltenen ehemaligen Schulgebäude breit. Öffentlich will sich niemand zu den Problemen äußern. Zu schwer wiegt offenbar die Sorge, als Teil des stetig wachsenden Chors der Flüchtlingskritiker wahrgenommen zu werden. Von Beginn der Besetzungen an war klar, daß es nicht gelingen würde, die deutschen Asylgesetze durch den berechtigten und in der Sache unterstützenswerten Widerstand zu kippen. Da von vornherein ein Plan B fehlte und die Flüchtlinge zum Teil auf falsche Freunde und selbsternannte Berater setzten, stehen sie nun vor dem Problem, sich in einem politischen Vakuum zu befinden, aus dem es so schnell kein Entrinnen gibt.
Mittlerweile wird die ehemalige Hauptmann-Schule von aus Afrika stammenden Flüchtlingen, Roma-Familien und Obdachlosen besetzt gehalten. Wieviele Personen sich insgesamt in dem Gebäude aufhalten, ist weder dem Bezirk noch der Polizei bekannt. Geschätzt wird die Zahl der Besetzer auf 250 bis 300 Personen. Ursprünglich sollte das Gebäude – wäre es nicht zu der Besetzung gekommen – als soziokulturelles Zentrum für Stadtteilinitiativen genutzt werden. Dies dürfte künftig kaum mehr möglich sein, sind die Innenräume doch mittlerweile nicht nur stark verschmutzt, sondern aufgrund von Zerstörungen kaum mehr bewohnbar.
Einzig der Drogenhilfeverein Fixpunkt befindet sich als regulärer Mieter noch in dem Haus. Klienten und Mitarbeiter des Vereins wurden in der Vergangenheit mehrfach aus dem besetzten Gebäude heraus attackiert. Als Konsequenz hatte Fixpunkt die Mietzahlungen an den Bezirk eingestellt und Gerüste vor seinen drei Eingangsbereichen aufstellen lassen, damit Besucher und Angestellte der Geschäftsstelle zukünftig nicht mehr mit Wurfgeschossen angegriffen werden können.
Knapp 50 Polizeieinsätze fanden seit November 2012 auf dem Gelände der ehemaligen Schule statt. Die wenigsten davon aufgrund von Lappalien. Meist ging es um Gewalttaten, wie etwa schwere Körperverletzungen, darunter viele Messerstechereien unter den Flüchtlingen selbst. In zwei Fällen ermittelt die Polizei wegen versuchten Mordes. Während besagte Vorfälle geeignet sind, in Teilen breiter Bevölkerungsschichten vorhandene rassistische Denkmuster zu verstärken, äußern sich deutsche Unterstützer der Flüchtlinge zu den besagten Vorfällen nur, indem sie die Polizei pauschal des Rassismus beschuldigen.
Die Flüchtlinge, deren Lebensumstände vollkommen menschenunwürdig und vor allem auch gesundheitsgefährdend sind, werden zunehmend als politischer Spielball mißbraucht. Derartige Vorwürfe hatten einige von ihnen bereits mehrfach erhoben, die das Camp freiwillig verlassen hatten und nun von der Arbeiterwohlfahrt (AWO) unterstützt werden. Vor wenigen Tagen kam es zu einem offenen Schlagabtausch zwischen Flüchtlingen und deutschen Unterstützern. Erstere bezichtigten die »Antirassistische Initiative« (ARI) Spendengelder in Höhe von mehreren tausend Euro veruntreut zu haben (jW berichtete). Die ARI wies diese Behauptungen in einer Erklärung entschieden zurück.
jw