Jung und ausgegrenzt
Studie liefert erstmals differenzierte Daten zur Kinderarmut in Deutschland
Von Michael Merz
Keine Klassenfahrt, keine Winterkleidung – in Deutschland sind durchschnittlich 18,9 Prozent der Kinder und Jugendlichen von Armut bedroht. Das besagt eine jW vorliegende Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung, die Mittwoch in Düsseldorf veröffentlicht wurde. Die Ergebnisse der Untersuchung beginnen mit einem Zitat Ursula von der Leyens aus dem Jahr 2012, damals Bundesarbeitsministerin: »Armut ist in einem reichen Land wie Deutschland relativ«.
Wie zynisch dieser Ausspruch ist, wird klar, wenn man die regionale Verteilung der Kinderarmut betrachtet. Denn die Studie liefert erstmals differenzierte Daten aus den 39 deutschen Regierungsbezirken. Die Forscher belegen, daß Kinder in einkommensschwachen Familien mit beträchtlichen Einschränkungen leben müssen. Die Armut von Heranwachsenden ist in Ostdeutschland mit 26,3 Prozent deutlich höher als im Westen, wo 17,4 Prozent unter der Einkommensschwelle leben, ab der die Wissenschaftler von Armutsgefährdung sprechen. »Im Osten ist die Kinderarmut nicht nur verbreiteter, sondern auch mit größeren Entbehrungen verbunden als im Westen«, teilte WSI-Sozialexperte Eric Seils mit. Der oft vorhandene Preisunterschied gegenüber dem Westen reiche offenbar nicht aus, um die niedrigeren Einkommen
im Osten auszugleichen. Doch auch im Westen gibt es nicht wenige Regionen, in denen junge Menschen in wachsendem Maße vom sozialen Leben ausgegrenzt werden.
Am höchsten ist der Anteil von Armut bedrohter Kinder in Bremen (33,7 Prozent), nur knapp gefolgt von Mecklenburg-Vorpommern (33,5 Prozent). Die niedrigste Quote hat die Oberpfalz (9,9 Prozent). Anders sieht es in weiten Teilen Nordrhein-Westfalens aus. Überdurchschnittlich hoch fällt dort die Quote aus, mit steigender Tendenz.
Die WSI-Forscher fordern einen deutlichen Anstieg der Reallöhne in den niedrigen Lohnsegmenten. Ob sich etwas an der Kinderarmut ändert, ist jedoch fraglich. »Maßnahmen, die die Lebenssituation von Kindern und ihren Familien verbessern, sucht man leider auch bei der neuen schwarz-roten Regierung vergebens. Kinderarmut wird nicht einmal als Problem benannt«, kritisierte die stellvertretende Vorsitzende der Linke-Fraktion, Diana Golze, am Donnerstag.
jw
Studie liefert erstmals differenzierte Daten zur Kinderarmut in Deutschland
Von Michael Merz
Keine Klassenfahrt, keine Winterkleidung – in Deutschland sind durchschnittlich 18,9 Prozent der Kinder und Jugendlichen von Armut bedroht. Das besagt eine jW vorliegende Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung, die Mittwoch in Düsseldorf veröffentlicht wurde. Die Ergebnisse der Untersuchung beginnen mit einem Zitat Ursula von der Leyens aus dem Jahr 2012, damals Bundesarbeitsministerin: »Armut ist in einem reichen Land wie Deutschland relativ«.
Wie zynisch dieser Ausspruch ist, wird klar, wenn man die regionale Verteilung der Kinderarmut betrachtet. Denn die Studie liefert erstmals differenzierte Daten aus den 39 deutschen Regierungsbezirken. Die Forscher belegen, daß Kinder in einkommensschwachen Familien mit beträchtlichen Einschränkungen leben müssen. Die Armut von Heranwachsenden ist in Ostdeutschland mit 26,3 Prozent deutlich höher als im Westen, wo 17,4 Prozent unter der Einkommensschwelle leben, ab der die Wissenschaftler von Armutsgefährdung sprechen. »Im Osten ist die Kinderarmut nicht nur verbreiteter, sondern auch mit größeren Entbehrungen verbunden als im Westen«, teilte WSI-Sozialexperte Eric Seils mit. Der oft vorhandene Preisunterschied gegenüber dem Westen reiche offenbar nicht aus, um die niedrigeren Einkommen
im Osten auszugleichen. Doch auch im Westen gibt es nicht wenige Regionen, in denen junge Menschen in wachsendem Maße vom sozialen Leben ausgegrenzt werden.
Am höchsten ist der Anteil von Armut bedrohter Kinder in Bremen (33,7 Prozent), nur knapp gefolgt von Mecklenburg-Vorpommern (33,5 Prozent). Die niedrigste Quote hat die Oberpfalz (9,9 Prozent). Anders sieht es in weiten Teilen Nordrhein-Westfalens aus. Überdurchschnittlich hoch fällt dort die Quote aus, mit steigender Tendenz.
Die WSI-Forscher fordern einen deutlichen Anstieg der Reallöhne in den niedrigen Lohnsegmenten. Ob sich etwas an der Kinderarmut ändert, ist jedoch fraglich. »Maßnahmen, die die Lebenssituation von Kindern und ihren Familien verbessern, sucht man leider auch bei der neuen schwarz-roten Regierung vergebens. Kinderarmut wird nicht einmal als Problem benannt«, kritisierte die stellvertretende Vorsitzende der Linke-Fraktion, Diana Golze, am Donnerstag.
jw