Geld stinkt nicht
Großer Schluck aus der Diäten-Pulle
Von Uli Schwemin
Der Bundestag hat am Freitag eine Diätenerhöhung um schlappe 10 (in Worten: zehn!) Prozent beschlossen. Demnach sollen die Bezüge der sogenannten Volksvertreter um 830 Euro auf dann 9082 Euro steigen. Die Erhöhung sei »angemessen«, erklärte dazu der CDU-Abgeordnete Bernhard Kaster. Schließlich trügen die Parlamentarier eine »große Verantwortung«, viele leisteten »Kärrnerarbeit«.
Kasters Parteifreund, Thomas de Maizière, hatte am 11. Februar die Forderungen der Gewerkschaften für die diesjährige Tarifrunde im öffentlichen Dienst als »maßlos überzogen« zurückgewiesen. »Niemand kann sich einen solchen Abschluß leisten«, hatte der Innenminister getönt. Allerdings ging es dabei nicht um 830 Euro bzw. zehn Prozent, sondern um 100 Euro sowie darüber hinaus 3,5 Prozent Erhöhung der Bezüge der Beschäftigten. Deren derzeitige Gehälter liegen auch nicht bei 8000, sondern teilweise nur bei 2000 Euro, obwohl sie auch eine »große Verantwortung« tragen und viele von ihnen, beispielsweise Altenpfleger und Krankenschwestern, »Kärrnerarbeit« leisten. Ihnen dafür Löhne zu zahlen, von denen sie auch leben können, halten »Volksvertreter« und Regierung für »maßlos überzogen«.
Und das mit der einzigen schamlos gelogenen Begründung, daß sich »niemand einen solchen Abschluß leisten kann«. Daraus entsteht selbstverständlich die naheliegende Frage, wieso und wie lange man sich noch »Volksvertreter« leisten kann, die in feinster Selbstbedienungsmentalität ihre Diäten ins Unermeßliche schrauben, während sie jene, die sie vertreten sollen, auf Hungerdiät setzen.
Den Hartz-IV-Satz haben diese Leute auf 391 Euro monatlich für einen Erwachsenen festgelegt. Wahrscheinlich gehen die Damen und Herren Abgeordneten davon aus, daß die meisten ALG-II-Bezieher keine »Kärrnerarbeit« leisten. Aber daß diese 391 Euro weniger als die Hälfte allein der Erhöhung der Bezüge sind, die die Politiker für sich selbst als notwendig zum Leben erachten, ist schon ein delikater Tatbestand. Übrigens bei weitem nicht der einzige, der den aktuellen Griff in die Goldschatulle so unverschämt erscheinen läßt. Erst gestern wurde die Meldung verbreitet, daß die Reallöhne in Deutschland im Vergleich zum Vorjahr um 0,2 Prozent gesunken sind. Natürlich wird so getan, als sei das zufällig eben mal passiert. Dieses seit Jahren sich abwechselnde Absinken und Stagnieren der Reallöhne ist jedoch in Wirklichkeit Ergebnis der Wirtschaftspolitik dieses Landes, die in eben diesem Parlament beschlossen wird. Zwischen 2001 und 2009 war Deutschland das einzige EU-Land mit ständig sinkenden Reallöhnen. Die »Volksvertreter« hatten das Volk im Bunde mit den Industrieverbänden auf »Gürtel enger schnallen« gesetzt, damit die Exporte florieren. Inzwischen ist auch dieses Konzept exportiert worden. In zwölf der 28 EU-Staaten droht dieses Jahr ein Reallohnverlust. Da will man als Abgeordneter nicht reingerissen werden. Dann schon lieber »Kärrnerarbeit« beim Zulangen. Geld stinkt nicht.
jw
Großer Schluck aus der Diäten-Pulle
Von Uli Schwemin
Der Bundestag hat am Freitag eine Diätenerhöhung um schlappe 10 (in Worten: zehn!) Prozent beschlossen. Demnach sollen die Bezüge der sogenannten Volksvertreter um 830 Euro auf dann 9082 Euro steigen. Die Erhöhung sei »angemessen«, erklärte dazu der CDU-Abgeordnete Bernhard Kaster. Schließlich trügen die Parlamentarier eine »große Verantwortung«, viele leisteten »Kärrnerarbeit«.
Kasters Parteifreund, Thomas de Maizière, hatte am 11. Februar die Forderungen der Gewerkschaften für die diesjährige Tarifrunde im öffentlichen Dienst als »maßlos überzogen« zurückgewiesen. »Niemand kann sich einen solchen Abschluß leisten«, hatte der Innenminister getönt. Allerdings ging es dabei nicht um 830 Euro bzw. zehn Prozent, sondern um 100 Euro sowie darüber hinaus 3,5 Prozent Erhöhung der Bezüge der Beschäftigten. Deren derzeitige Gehälter liegen auch nicht bei 8000, sondern teilweise nur bei 2000 Euro, obwohl sie auch eine »große Verantwortung« tragen und viele von ihnen, beispielsweise Altenpfleger und Krankenschwestern, »Kärrnerarbeit« leisten. Ihnen dafür Löhne zu zahlen, von denen sie auch leben können, halten »Volksvertreter« und Regierung für »maßlos überzogen«.
Und das mit der einzigen schamlos gelogenen Begründung, daß sich »niemand einen solchen Abschluß leisten kann«. Daraus entsteht selbstverständlich die naheliegende Frage, wieso und wie lange man sich noch »Volksvertreter« leisten kann, die in feinster Selbstbedienungsmentalität ihre Diäten ins Unermeßliche schrauben, während sie jene, die sie vertreten sollen, auf Hungerdiät setzen.
Den Hartz-IV-Satz haben diese Leute auf 391 Euro monatlich für einen Erwachsenen festgelegt. Wahrscheinlich gehen die Damen und Herren Abgeordneten davon aus, daß die meisten ALG-II-Bezieher keine »Kärrnerarbeit« leisten. Aber daß diese 391 Euro weniger als die Hälfte allein der Erhöhung der Bezüge sind, die die Politiker für sich selbst als notwendig zum Leben erachten, ist schon ein delikater Tatbestand. Übrigens bei weitem nicht der einzige, der den aktuellen Griff in die Goldschatulle so unverschämt erscheinen läßt. Erst gestern wurde die Meldung verbreitet, daß die Reallöhne in Deutschland im Vergleich zum Vorjahr um 0,2 Prozent gesunken sind. Natürlich wird so getan, als sei das zufällig eben mal passiert. Dieses seit Jahren sich abwechselnde Absinken und Stagnieren der Reallöhne ist jedoch in Wirklichkeit Ergebnis der Wirtschaftspolitik dieses Landes, die in eben diesem Parlament beschlossen wird. Zwischen 2001 und 2009 war Deutschland das einzige EU-Land mit ständig sinkenden Reallöhnen. Die »Volksvertreter« hatten das Volk im Bunde mit den Industrieverbänden auf »Gürtel enger schnallen« gesetzt, damit die Exporte florieren. Inzwischen ist auch dieses Konzept exportiert worden. In zwölf der 28 EU-Staaten droht dieses Jahr ein Reallohnverlust. Da will man als Abgeordneter nicht reingerissen werden. Dann schon lieber »Kärrnerarbeit« beim Zulangen. Geld stinkt nicht.
jw