Kämpfer für die Unabhängigkeit Puerto Ricos
Dr. Luis Nieves Falcón, der 84jährige Koordinator eines internationalen Menschenrechtstribunals, ist gestorben
Von Jürgen Heiser
Die US-Kolonie Puerto Rico hat einen ihrer großen Verfechter der Menschenrechte und des Kampfes um die Unabhängigkeit der Karibikinsel verloren. Am Mittwoch wurde Dr. Luis Nieves Falcón auf dem Friedhof seiner Geburtsstadt Bayamón beigesetzt. Der 84jährige Rechtsanwalt war bereits in den Morgenstunden des vergangenen Montags an Leukämie gestorben. Am Vorabend des Begräbnisses wurden in einer von ihm gewünschten schlichten Gedenkfeier sein Kampf »für die Befreiung Puerto Ricos und des politischen Gefangenen Oscar López und sein Eintreten für die Kultur und die Sprache seiner Heimat« gewürdigt, so sein Universitätskollege José Juan Nazario gegenüber jW. »Er wollte, daß wir uns frohen Mutes und mit puertoricanischer Musik von ihm verabschieden.«
Uroyoán Walker Ramos, Präsident der Universidad de Puerto Rico (UPR) in San Juan, stellte das jahrzehntelange Wirken des Soziologen und Rechtswissenschaftlers heraus. Er habe zum »ursprünglichen Kern puertoricanischer Dozenten« gehört, die Pionierarbeit in dem von den USA diktierten Bildungssystem geleistet hätten, so Walker Ramos. In den 1980er Jahren machte Nieves Falcón sich als Präsident des PEN Club de Puerto Rico Internacional um die Entwicklung einer eigenständigen Literatur seiner Heimat verdient, so Valentín.
Rubén Berrios Martínez von der Unabhängigkeitspartei Partido Independentista Puertorriqueño (PIP) hob den Einsatz des »lieben Kampfgefährten« für den 1981 in den USA zu 75 Jahren Haft verurteilten Oscar López hervor. Dessen Buch »Zwischen Folter und Widerstand« hatte Nieves Falcón 2013 herausgegeben. Auf seinen Wunsch hin wird es noch in diesem Jahr in deutscher Sprache erscheinen. López’ Chicagoer Anwältin Jan Susler übermittelte der Trauergemeinde die Botschaft ihres Mandanten, »wie das ganze Land« spüre auch er »den Schmerz, Don Luis verloren zu haben«. Carmen Valentín, wie López 1981 wegen »Verschwörung zum Umsturz« gegen die US-Regierung zu einer endlosen Haftstrafe verurteilt, aber 1999 von US-Präsident Bill Clinton mit weiteren politischen Gefangenen begnadigt, erinnerte an ihren Anwalt. Ohne seine Tatkraft wäre sie niemals freigekommen, so Valentín.
Als Koordinator des »Internationalen Tribunals über Menschenrechtsverletzungen an politischen Gefangenen in den USA« wurde Nieves Falcón auch in der BRD bekannt. Das Tribunal tagte vom 7. bis 10. Dezember 1990 im Audimax des New Yorker Hunter College vor einer aus Juristen, Professoren und Nobelpreisträgern bestehenden internationalen Jury, der auch der Hamburger Völkerrechtler Norman Paech angehörte. Zuvor hatte Nieves Falcón in seiner Einladung an Basis- und Menschenrechtsorganisationen sowie die Vereinten Nationen versichert, die Existenz politischer Gefangener in den USA sei »eine schockierende Realität«, auch wenn die US-Regierung das leugne. Sie würden kriminalisiert »wegen ihres Engagements im Kampf für die Souveränität indigener Völker, die Befreiung der Afroamerikaner, die Unabhängigkeit Puerto Ricos und gegen die Unterdrückung der Frauen sowie gegen Rassismus, Imperialismus und die Atomrüstung«. Die gegen sie verhängten Urteile und ihre Isolierung in der Haft seien »unvereinbar mit den Grundsätzen des Völkerrechts«. Vor allem Nieves Falcóns visionäre Kraft, Beharrlichkeit und Integrität war es zu verdanken, daß mit diesem Tribunal schon vor einem Vierteljahrhundert die Aufmerksamkeit auf die Notwendigkeit internationaler Solidarität für politische Gefangene wie Oscar López, Leonard Peltier und Mumia Abu-Jamal gelenkt wurde. Ana Irma Rivera, Präsidentin der puertoricanischen Anwaltskammer, bezeichnete es deshalb als Nieves Falcóns wichtigstes Vermächtnis, nicht nachzulassen »im Kampf um die Freiheit unserer politischen Gefangenen«.
jw
Dr. Luis Nieves Falcón, der 84jährige Koordinator eines internationalen Menschenrechtstribunals, ist gestorben
Von Jürgen Heiser
Die US-Kolonie Puerto Rico hat einen ihrer großen Verfechter der Menschenrechte und des Kampfes um die Unabhängigkeit der Karibikinsel verloren. Am Mittwoch wurde Dr. Luis Nieves Falcón auf dem Friedhof seiner Geburtsstadt Bayamón beigesetzt. Der 84jährige Rechtsanwalt war bereits in den Morgenstunden des vergangenen Montags an Leukämie gestorben. Am Vorabend des Begräbnisses wurden in einer von ihm gewünschten schlichten Gedenkfeier sein Kampf »für die Befreiung Puerto Ricos und des politischen Gefangenen Oscar López und sein Eintreten für die Kultur und die Sprache seiner Heimat« gewürdigt, so sein Universitätskollege José Juan Nazario gegenüber jW. »Er wollte, daß wir uns frohen Mutes und mit puertoricanischer Musik von ihm verabschieden.«
Uroyoán Walker Ramos, Präsident der Universidad de Puerto Rico (UPR) in San Juan, stellte das jahrzehntelange Wirken des Soziologen und Rechtswissenschaftlers heraus. Er habe zum »ursprünglichen Kern puertoricanischer Dozenten« gehört, die Pionierarbeit in dem von den USA diktierten Bildungssystem geleistet hätten, so Walker Ramos. In den 1980er Jahren machte Nieves Falcón sich als Präsident des PEN Club de Puerto Rico Internacional um die Entwicklung einer eigenständigen Literatur seiner Heimat verdient, so Valentín.
Rubén Berrios Martínez von der Unabhängigkeitspartei Partido Independentista Puertorriqueño (PIP) hob den Einsatz des »lieben Kampfgefährten« für den 1981 in den USA zu 75 Jahren Haft verurteilten Oscar López hervor. Dessen Buch »Zwischen Folter und Widerstand« hatte Nieves Falcón 2013 herausgegeben. Auf seinen Wunsch hin wird es noch in diesem Jahr in deutscher Sprache erscheinen. López’ Chicagoer Anwältin Jan Susler übermittelte der Trauergemeinde die Botschaft ihres Mandanten, »wie das ganze Land« spüre auch er »den Schmerz, Don Luis verloren zu haben«. Carmen Valentín, wie López 1981 wegen »Verschwörung zum Umsturz« gegen die US-Regierung zu einer endlosen Haftstrafe verurteilt, aber 1999 von US-Präsident Bill Clinton mit weiteren politischen Gefangenen begnadigt, erinnerte an ihren Anwalt. Ohne seine Tatkraft wäre sie niemals freigekommen, so Valentín.
Als Koordinator des »Internationalen Tribunals über Menschenrechtsverletzungen an politischen Gefangenen in den USA« wurde Nieves Falcón auch in der BRD bekannt. Das Tribunal tagte vom 7. bis 10. Dezember 1990 im Audimax des New Yorker Hunter College vor einer aus Juristen, Professoren und Nobelpreisträgern bestehenden internationalen Jury, der auch der Hamburger Völkerrechtler Norman Paech angehörte. Zuvor hatte Nieves Falcón in seiner Einladung an Basis- und Menschenrechtsorganisationen sowie die Vereinten Nationen versichert, die Existenz politischer Gefangener in den USA sei »eine schockierende Realität«, auch wenn die US-Regierung das leugne. Sie würden kriminalisiert »wegen ihres Engagements im Kampf für die Souveränität indigener Völker, die Befreiung der Afroamerikaner, die Unabhängigkeit Puerto Ricos und gegen die Unterdrückung der Frauen sowie gegen Rassismus, Imperialismus und die Atomrüstung«. Die gegen sie verhängten Urteile und ihre Isolierung in der Haft seien »unvereinbar mit den Grundsätzen des Völkerrechts«. Vor allem Nieves Falcóns visionäre Kraft, Beharrlichkeit und Integrität war es zu verdanken, daß mit diesem Tribunal schon vor einem Vierteljahrhundert die Aufmerksamkeit auf die Notwendigkeit internationaler Solidarität für politische Gefangene wie Oscar López, Leonard Peltier und Mumia Abu-Jamal gelenkt wurde. Ana Irma Rivera, Präsidentin der puertoricanischen Anwaltskammer, bezeichnete es deshalb als Nieves Falcóns wichtigstes Vermächtnis, nicht nachzulassen »im Kampf um die Freiheit unserer politischen Gefangenen«.
jw