Abhören as usual
Nur Merkels Handy künftig verschont. Sonst wenig Neues vom US-Präsidenten
Von Knut Mellenthin
Barack Obama läßt das Handy der deutschen Kanzlerin künftig nicht mehr abhören. Das hat der Präsident der USA am Freitag in einer rund 45 Minuten langen Rede mit Ehrenwort versichert. Auch die »Staats- und Regierungschefs« einiger anderer Länder, die von den USA als »unsere engen Freunde und Verbündeten« betrachtet werden, sollen in den Genuß des diskreten Respekts vor ihrer Privatsphäre kommen. Allerdings nur, wie Obama ausdrücklich einschränkte, wenn es keine »zwingenden Gründe der nationalen Sicherheit« für Überwachungsmaßnahmen gegen diese Personen gibt. An was für hochgefährliche Vorgänge unter »engen Freunden« Obama dabei gedacht haben mag, blieb vorerst sein Geheimnis.
Für Politiker, die zwar auch »enge Freunde« der USA sind, aber keine Staats- und Regierungschefs, sondern vielleicht nur Vizekanzler oder Außenminister, gilt der Abhörverzicht offenbar nicht. Sie müssen damit rechnen, daß sie die volle Härte der Drohung Obamas trifft: »Unsere Nachrichtendienste werden auch weiterhin Informationen über die Absichten von Regierungen rund um die Welt sammeln.« Von irgendwelchen Einschränkungen, die dabei gemacht werden könnten, sprach der Präsident der USA nicht. Das heißt: Was technisch und politisch möglich und nicht allzu auffällig ist, wird auch weiterhin praktiziert.
Von einem Staat, der so mit den Politikern seiner »engen Freunde« umspringt, sollten sich die »normalen Bürger« der Welt keine Schonung erwarten, wenn es um großflächige Überwachungsmaßnahmen geht. Am Donnerstag, einen Tag vor Obamas Rede, hatte die britische Tageszeitung Guardian berichtet, daß der für diese Aktivitäten zuständige US-Nachrichtendienst NSA pro Tag Daten von rund 200 Millionen Kommunikationsvorgängen rund um den Globus abschöpft und speichert. Gesammelt wird alles, was dabei ins Netz geht: Angaben über beteiligte Personen, ihre »Kontakt-Netzwerke«, Reisen, sogar »Kreditkarten-Details« und »finanzielle Transaktionen«.
Solche Zahlen und Fakten waren in Obamas Rede nicht zu finden. Auf konkrete Tatsachen läßt »der mächtigste Mann der Welt« sich generell nur äußerst ungern ein – »aus Sicherheitsgründen«, versteht sich. Er ließ jedoch keinen Zweifel, daß die NSA auch künftig riesige Datenmengen von Menschen aus aller Welt, gegen die keinerlei Verdachtsgründe vorliegen, sammeln soll. Als Begründung griff Obama in seiner Ansprache immer wieder zur Terrorismuskeule. Ein 11. September dürfe sich schließlich nicht wiederholen.
Der Präsident hat für die Fortsetzung der weltweiten Überwachungsmaßnahmen die maßgeblichen Leute im Kongreß hinter sich. Die Demokratin Dianne Feinstein und der Republikaner Mike Rogers, die führenden Vertreter ihrer Parteien im Geheimdienstausschuß des Senats, betonten in einer gemeinsamen Stellungnahme die Notwendigkeit, die NSA-Aktivitäten im vollen Umfang fortzusetzen, »um mögliche terroristische Verschwörungen schnell erkennen zu können«. Sie hätten die Maßnahmen überprüft und befunden, »daß alles legal und wirkungsvoll« gewesen sei. Hoffnungen auf den Kongreß als Kontrollinstanz braucht man sich also nicht zu machen.
Indessen verbargen selbst CDU-Politiker ihre Enttäuschung über Obamas weitgehend inhaltsleere Ansprache nicht. Er gehe nicht davon aus, daß diese Ankündigungen zur Beschwichtigung der Bürger in Deutschland beitragen würden, sagte der innenpolitische Sprecher der Union, Wolfgang Bosbach. »Es war eine Beruhigungsrede«, urteilte CDU-Europapolitiker Elmar Brok, aber »kein wesentlicher Fortschritt zu dem, was bisherige Praxis war.« Angela Merkel allerdings fürchtet nicht etwa die Spitzelmaßnahmen der NSA, sondern die »Belastungsprobe für das deutsche-amerikanische Verhältnis«, die entstehen könnte, falls Generalbundesanwalt Harald Range strafrechtliche Ermittlungen wegen des Abhörens ihres Handys aufnehmen sollte. Bisher hat dieser allerdings nur von der Möglichkeit eines »Anfangsverdachts« gesprochen.
jw
Nur Merkels Handy künftig verschont. Sonst wenig Neues vom US-Präsidenten
Von Knut Mellenthin
Barack Obama läßt das Handy der deutschen Kanzlerin künftig nicht mehr abhören. Das hat der Präsident der USA am Freitag in einer rund 45 Minuten langen Rede mit Ehrenwort versichert. Auch die »Staats- und Regierungschefs« einiger anderer Länder, die von den USA als »unsere engen Freunde und Verbündeten« betrachtet werden, sollen in den Genuß des diskreten Respekts vor ihrer Privatsphäre kommen. Allerdings nur, wie Obama ausdrücklich einschränkte, wenn es keine »zwingenden Gründe der nationalen Sicherheit« für Überwachungsmaßnahmen gegen diese Personen gibt. An was für hochgefährliche Vorgänge unter »engen Freunden« Obama dabei gedacht haben mag, blieb vorerst sein Geheimnis.
Für Politiker, die zwar auch »enge Freunde« der USA sind, aber keine Staats- und Regierungschefs, sondern vielleicht nur Vizekanzler oder Außenminister, gilt der Abhörverzicht offenbar nicht. Sie müssen damit rechnen, daß sie die volle Härte der Drohung Obamas trifft: »Unsere Nachrichtendienste werden auch weiterhin Informationen über die Absichten von Regierungen rund um die Welt sammeln.« Von irgendwelchen Einschränkungen, die dabei gemacht werden könnten, sprach der Präsident der USA nicht. Das heißt: Was technisch und politisch möglich und nicht allzu auffällig ist, wird auch weiterhin praktiziert.
Von einem Staat, der so mit den Politikern seiner »engen Freunde« umspringt, sollten sich die »normalen Bürger« der Welt keine Schonung erwarten, wenn es um großflächige Überwachungsmaßnahmen geht. Am Donnerstag, einen Tag vor Obamas Rede, hatte die britische Tageszeitung Guardian berichtet, daß der für diese Aktivitäten zuständige US-Nachrichtendienst NSA pro Tag Daten von rund 200 Millionen Kommunikationsvorgängen rund um den Globus abschöpft und speichert. Gesammelt wird alles, was dabei ins Netz geht: Angaben über beteiligte Personen, ihre »Kontakt-Netzwerke«, Reisen, sogar »Kreditkarten-Details« und »finanzielle Transaktionen«.
Solche Zahlen und Fakten waren in Obamas Rede nicht zu finden. Auf konkrete Tatsachen läßt »der mächtigste Mann der Welt« sich generell nur äußerst ungern ein – »aus Sicherheitsgründen«, versteht sich. Er ließ jedoch keinen Zweifel, daß die NSA auch künftig riesige Datenmengen von Menschen aus aller Welt, gegen die keinerlei Verdachtsgründe vorliegen, sammeln soll. Als Begründung griff Obama in seiner Ansprache immer wieder zur Terrorismuskeule. Ein 11. September dürfe sich schließlich nicht wiederholen.
Der Präsident hat für die Fortsetzung der weltweiten Überwachungsmaßnahmen die maßgeblichen Leute im Kongreß hinter sich. Die Demokratin Dianne Feinstein und der Republikaner Mike Rogers, die führenden Vertreter ihrer Parteien im Geheimdienstausschuß des Senats, betonten in einer gemeinsamen Stellungnahme die Notwendigkeit, die NSA-Aktivitäten im vollen Umfang fortzusetzen, »um mögliche terroristische Verschwörungen schnell erkennen zu können«. Sie hätten die Maßnahmen überprüft und befunden, »daß alles legal und wirkungsvoll« gewesen sei. Hoffnungen auf den Kongreß als Kontrollinstanz braucht man sich also nicht zu machen.
Indessen verbargen selbst CDU-Politiker ihre Enttäuschung über Obamas weitgehend inhaltsleere Ansprache nicht. Er gehe nicht davon aus, daß diese Ankündigungen zur Beschwichtigung der Bürger in Deutschland beitragen würden, sagte der innenpolitische Sprecher der Union, Wolfgang Bosbach. »Es war eine Beruhigungsrede«, urteilte CDU-Europapolitiker Elmar Brok, aber »kein wesentlicher Fortschritt zu dem, was bisherige Praxis war.« Angela Merkel allerdings fürchtet nicht etwa die Spitzelmaßnahmen der NSA, sondern die »Belastungsprobe für das deutsche-amerikanische Verhältnis«, die entstehen könnte, falls Generalbundesanwalt Harald Range strafrechtliche Ermittlungen wegen des Abhörens ihres Handys aufnehmen sollte. Bisher hat dieser allerdings nur von der Möglichkeit eines »Anfangsverdachts« gesprochen.
jw